Pandemie darf kein Grund für Demokratieabbau sein

Rede zum Planungssicherstellungsgesetz: Bürgerbeteiligung ist das A und O demokratischer Mitsprache. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist aufgrund der Pandemie eingeschränkt. Die Regierung will dies für fast zwei Jahre verlängern. Wir fordern, dass die Ausnahme keinen Tag länger als nötig besteht. Über 1,5 Millionen Menschen sind nicht an das schnelle Internet angeschlossen. Auch für sie muss Beteiligung möglich sein!

Die Rede kann hier angeschaut werden:
https://www.youtube.com/watch?v=mSprM-wLito

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Durch Corona ist vieles zurzeit nicht möglich. Auch Veranstaltungen zu Planfeststellungsverfahren finden nicht statt, bei denen Bürgerinnen und Bürger Alternativen und Bedenken zu großen Infrastrukturprojekten äußern können, wie Wohnungsbau, Schienenausbau, aber auch zu umstrittenen Höchstspannungsleitungen SuedLink und SuedOstLink oder dem umweltschädlichen Fehmarnbelttunnel.

Das Gesetz, das Planfeststellungsverfahren ohne Treffen ermöglicht, wurde im Mai 2020 befristet bis März 2021 verabschiedet, und jetzt verlängert es die Koalition bis Ende 2022. Da frage ich mich: Woher wissen Sie heute, dass coronabedingt Einschränkungen bei Veranstaltungen bis Ende 2022 möglich sein sollen? Oder wollen Sie etwa die Einschränkungen der Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern durch das Planungssicherstellungsgesetz ausdehnen? Das wäre fatal.

(Beifall bei der LINKEN - Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Thema verfehlt!)

Transparente Bürgerbeteiligung ist das A und O demokratischer Mitsprache, fördert Akzeptanz und schützt vor teuren Fehlern. Wären die Bürgerhinweise zu Stuttgart 21 ernstgenommen worden, hätte das unglaubliche Kostensteigerung und technische Probleme vermieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt die Bürgerbeteiligung bis Ende 2022 einzuschränken, fordert die Linke mehr Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist doch klar: Wenn Bürgerbeteiligung nicht vor Ort stattfindet, sondern im Netz, dann braucht man schnelles Internet. Aber die Politik der unionsgeführten Bundesregierung der letzten Jahre hat den Breitbandausbau in ländlichen Regionen versemmelt. Diese Koalition hat gleichzeitig den Mobilfunkkonzernen die Frequenzen für mobiles Internet versteigert und dabei zugelassen, dass zwei Prozent der Haushalte nicht versorgt werden. Ein Unding!

(Beifall bei der LINKEN)

Also im Klartext: 1,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind abgeschnitten vom schnellen Internet, können weder Online-Dokumente herunterladen noch an Videokonferenzen teilnehmen. Das nehmen Sie billigend in Kauf. - Das ist europarechtswidrig. Das lehnt die Linke ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Seniorinnen und Senioren, Menschen mit geringen Einkommen haben oft nicht die finanziellen Möglichkeiten zur Teilnahme an Online-Veranstaltungen. Das ist diskriminierend. Für die Linke fordere ich: Digitale Verfahren sind beim heutigen Breitbandausbau maximal als parallele Ergänzung zu herkömmlichen Verfahren zulässig, und es muss Möglichkeiten geben, kostenlose Leihgeräte und Support für Menschen zu geben, die eigene Geräte nicht haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Kolleginnen und Kollegen, in der jetzigen Situation, in der das Vertrauen in Maßnahmen der Regierung von Woche zu Woche sinkt, darf dieses Planungssicherstellungsgesetz mit weiteren Einschränkungen der Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger nicht verlängert werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)