Datenkraken, teuer und meist überflüssig: Intelligente Stromzähler kommen

Legen Sie schon einmal Geld beiseite. Ab 2020 werden die meisten Stromkunden einen intelligenten Stromzähler eingebaut bekommen. Ihr Vermieter oder ein Messstellenbetreiber legt das für Sie fest. Sie haben kein Mitspracherecht, dürfen aber die 60 Euro für den Zähler und die 20 Euro für die jährliche Datenauswertung schon mal bezahlen. Damit soll Strom gespart werden - real wird es aber nichts bringen.

Gibt es hier auch zum Anschauen und Zuhören

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Schlimmer geht immer. Diesen schwachsinnigen Gesetzentwurf

(Florian Post (SPD): Oh!)

nochmals zu verschlechtern, hätte ich nicht für möglich gehalten. Aber die Konzernlobbyisten werden es Ihnen danken.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, es geht ausschließlich um den Einbau von intelligenten Stromzählern bei Ihnen zu Hause.

(Zurufe von der CDU/CSU: Quatsch! Stimmt doch gar nicht! Blödsinn!)

Legen Sie schon einmal Geld beiseite, ab 2020 werden die meisten von Ihnen einen solchen Zähler eingebaut bekommen. Ihr Vermieter oder ein Messstellenbetreiber legt das für Sie fest. Sie haben kein Mitspracherecht, dürfen aber die 60 Euro für den Zähler und die 20 Euro für die jährliche Datenauswertung schon mal bezahlen.

Damit Sie Strom sparen können, zeigt Ihnen eine Anzeige, wie viel Strom Sie gerade verbrauchen. Das soll Sie zum Sparen anregen. Die Stadtwerke Nürnberg machten einen Versuch bei 600 Stromkunden mit einem ernüchternden Ergebnis: Nichts wurde eingespart.

Nun erklärt diese Regierung, das Gesetz soll Sie, die Stromkunden, dazu anregen, Strom dann zu verbrauchen, wenn es reichlich und genügend billigen Strom gibt. Erstens. Es gibt keine angebotsabhängigen Tarifangebote für Privatkunden.

(Florian Post (SPD): Die wird es aber zukünftig geben!)

Zweitens. Das gibt viel Spaß mit Ihren Nachbarn und Vermietern, wenn dann nachts die Waschmaschine plötzlich anspringt.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Es ist doch wirklich toll, wenn das Mittagessen morgens früh um 4 Uhr gekocht wird, weil dann der Stromtarif gerade billig ist. Nicht einmal meine Oma glaubt Ihnen, dass man so Strom spart.

(Florian Post (SPD): Ist Ihnen das nicht selbst peinlich?)

Selbst die besten Freunde der Koalition, die Übertragungsnetzbetreiber, sind der Ansicht - hören Sie gut zu! -, dass es bei intelligenten Stromzählern sinnlos ist, sie bei Kunden mit einem Jahresverbrauch unter 20 000 Kilowattstunden einzubauen.

(Florian Post (SPD): Was? 20 000?)

Das nächste Argument von Union und SPD lautet, dieses Gesetz sei notwendig für die Netzstabilität

(Johann Saathoff (SPD): Ja!)

und dafür, dass mehr Lastmanagement, also gesteuerter Stromverbrauch, möglich wäre.

(Florian Post (SPD): Da muss man was von Physik verstehen!)

Ich sitze im Beirat der Bundesnetzagentur, der BNetzA. Noch nie war die Stromversorgungssicherheit so hoch wie heute, sagt die BNetzA. Selbst die Übertragungsnetzbetreiber räumen ein - ich zitiere -: Für den sicheren Betrieb der Stromnetze ist das normale kleine Verbrauchssegment nicht maßgebend.

(Florian Post (SPD): Über 6 000 Kilowattstunden!)

Es gibt sogar noch eine preiswerte Alternative für ein besseres Lastmanagement. Die Stadtwerke Nürnberg investierten 17 Millionen Euro in zwei 25 Megawatt fassende Warmwasserspeicher, gekoppelt mit einem Kraftwerk mit Wärmenutzung und zwei großen Tauchsiedern. Damit könnten die Stadtwerke Nürnberg mehr Regelleistung für das Stromnetz bereitstellen, und zwar mehr, als 2,5 Millionen intelligente Stromzähler zum Beispiel über Kühlschränke regeln könnten. 17 Million Euro - das macht bei 2,5 Millionen Haushalten einen Kostenanteil von lächerlichen 7 Euro im Vergleich zu den 80 Euro, die Sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern aufdrücken wollen.

Liebe Verbraucherinnen und Verbraucher, anstatt diese verbraucherfreundliche Lösung wie in Nürnberg zu unterstützen, führt diese Bundesregierung parallel zu diesem Gesetzentwurf ein Gesetz ein, das den Rahmen für Speicher verschlechtert. Somit wird mit diesen kein Geld mehr verdient. Damit verhindert diese Bundesregierung den Bau weiterer Speicher. Gleichzeitig verlagert diese Bundesregierung das Geschäft der Stromabrechnung von den Stadtwerken zu privaten Konzernen.

(Florian Post (SPD): Zu welchen denn?)

Es ist Unverschämt, wie dieser Wirtschaftsminister im Schatten der Europameisterschaft Kommunen und damit unseren Bürgerinnen und Bürgern in die Tasche greift,

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU/CSU und der SPD): Oh!)

um seinen Freunden in der Industrie Profite zuzuschanzen und um den Stromzählerherstellern Millionenabsätze auf Jahre hinaus zu sichern.

(Matthias Ilgen (SPD): Legendenbildung!)

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dieses Gesetz will nicht nur Ihr Geld, sondern auch Ihre persönlichen Daten. Die Zähler können den Verbrauch in Milliwatt erfassen ‑

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Sie müssen zum Schluss kommen, Herr Lenkert.

Ralph Lenkert (DIE LINKE):

- ja -, wenn die Nachttischlampe ausgeschaltet wird usw.

Herr Kollege Post, selbst der Bundestag, der höhere Sicherheitsanforderungen hat, wurde letzten Sommer gehackt. Gesammelte Daten sind nie sicher. Deshalb lehnt die Linke das Sammeln und Versenden dieser überflüssigen Daten komplett ab.

(Florian Post (SPD): Zurück in die Steinzeit, oder?)

Zusammengefasst muss ich kurz vor den Ferien feststellen: Dieses Gesetz ist mehr als mangelhaft. Wiederholen Sie Ihre Bemühungen. Die Linke lehnt diesen Mist ab.

(Beifall bei der LINKEN)