Wasserstoffstrategie noch mangelhaft

Hier gibt es das Video zur Rede.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!

Die gute Idee, Wasserstoff als notwendigen Speicher für die Energiewende zu nutzen, wurde in diesem Hause lange so stiefmütterlich behandelt wie all die guten Ideen der LINKEN.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere Sie gern an ein paar: Der gesetzliche Mindestlohn oder die Mietpreisbremse, wenn auch von Ihnen schlecht umgesetzt. Und über 20 Jahre war es Ihnen gelungen, die Idee eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz zu ignorieren. Wir LINKEN haben einen langen Atem, und irgendwann kommt es auch bei Ihnen an.

(Beifall bei der LINKEN)

Zehn Jahre nachdem ich es erstmals ansprach, diskutieren Sie endlich über eine notwendige Änderung der Netzentgelte. Und nun, nach acht Jahren, reden wir ernsthaft über Wasserstoff. Während Sie über 100-Prozent-Elektrifizierung oder Atomkraft stritten, habe ich mich als Techniker mit einem System der komplett erneuerbaren Energien befasst.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt konkret: Der notwendige Ausbau von Wind- und Solarstromerzeugung ist unersetzlich. Damit Photovoltaik besser genutzt werden kann, brauchen wir unbedingt Kurzzeitspeicher, um Sonnenenergie in die Nacht zu bringen. Da helfen Batterien, Pump- und Wärmespeicher. Wärme- und Kältespeicher sind ideal, um den zeitweisen Überschuss von Wind- und Solarstrom aufzunehmen und später zum Beispiel in Fernwärmenetze einzuspeisen. Damit es auch im Winter genug Strom gibt, wenn über Wochen die Sonne nicht scheint und kaum Wind weht, brauchen wir Ersatzkraftwerke, die dann aus erneuerbaren Brennstoffen den Strom erzeugen und mit ihrer Abwärme die Wohnung heizen. Dafür braucht es auch Bioenergie.

Biogas im Gasnetz ist effizient und preiswerter als andere Energiespeicher. 10 Prozent des Jahresenergiebedarfes müssen künftig über Monate zwischengespeichert werden. Die Biomasse schafft knapp 5 Prozent. Die anderen 5 Prozent muss die Wasserstoffelektrolyse liefern, die mittags bei Sonne und in Starkwindzeiten den Überschussstrom in Wasserstoff umwandelt. Dieser Weg gelingt, wenn gleichzeitig die Industrie und die Wirtschaft ihren Strombedarf bestmöglich an der Solar- und Windstromerzeugung ausrichtet. Da sind große Leerstellen. Nicht nur als Thüringer sage ich: Strom muss dort erzeugt werden, wo er verbraucht wird, und Wasserstoff dort, wo es viel Strom gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Energiestruktur, so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig, verhindert den überdimensionierten Ausbau von Fernleitungen für Strom und Wasserstoff.

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

Deutschland importiert 80 Prozent seines Energiebedarfs als Gas, Öl, Diesel, Benzin, Holz oder Kohle. Optimistisch gesehen schaffen wir zukünftig 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent importieren wir als Wasserstoff. Allerdings funktioniert das bisher nur über Pipelines. Bei größeren Entfernungen sind Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methan und Methanol energetisch besser und erprobt. Gewinnt man dann wieder Wasserstoff aus diesen Derivaten, verbraucht dies viel Energie und senkt die Effizienz. Wann immer möglich, sollten Derivate deshalb direkt genutzt werden. Als Techniker schlage ich vor, beispielsweise Teile der Glasindustrie in Thüringen und Franken zukünftig mit erneuerbarem Methan zu versorgen. Das spart Kosten und Energie für die Pyrolyse, die Wandlung von Methan in Wasserstoff. Das spart den teuren Neubau von Glaswannen und nutzt bestehende Leitungen weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Solche Betrachtungen fehlen im Wasserstoffkonzept komplett. Sie müssen integriert werden.

Deutschland war führend bei der PV-Industrie. Die Koalition aus Union und FDP hat den technologischen Vorsprung vernichtet. Zusammen mit der SPD wurde die Windkraft fast vor die Wand gefahren. Es braucht Signale, die viel stärker sind als diese Wasserstoffstrategie, damit Industrie und Wirtschaft zukünftig wieder Vertrauen in eine Förderpolitik gewinnen und damit die Arbeitsplätze, die hoffentlich entstehen, nicht wieder vernichtet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend, Kolleginnen und Kollegen: Energie ist Daseinsvorsorge. Daseinsvorsorge wie Stromnetze, Gasnetze, Wasserstoffinfrastruktur und Stadtwerke gehören in gesellschaftliche Hand und nicht unter die Profitfuchtel der Börse.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)