Rede im Bundestag: Plan der sozialen Kälte

Ralph Lenkert

Rede im Bundestag am 11.09.2012 zu TOP 1.a)

 

Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013)

> Drucksache 17/10200 <


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!


Finden sich in diesem Haushaltsentwurf Mittel zur Erforschung preiswerter Technologien zur Abwasseraufbereitung und zur Anpassung dieser Systeme an weniger Menschen? Nein. Werden Gelder bereitgestellt, um Wege für das Medikamentenproblem im Wasser zu finden? Nein. Gibt es ausreichend Bundesprogramme, um Kommunen Investitionen in Abwassersysteme zu ermöglichen, ohne dass die Kosten für Anwohnerinnen und Anwohner extrem steigen? Nein.
Also werde ich am Beispiel Abwasser belegen, dass dieser Haushaltsentwurf auch außerhalb des Energiethemas mangelhaft ist.


Milliarden wurden in Klärwerken und Abwasserkanälen verbaut, finanziert aus öffentlichen Mitteln vergangener Haushalte und aus Gebühren. Der Zustand unserer Flüsse hat sich dadurch verbessert. Aber es gibt weitere und neue Probleme beim Wasser.
Der Bevölkerungsschwund in weiten Gebieten des Ostens, Teilen von Nordrhein-Westfalen, von Nordhessen und anderswo sorgt für deutlich weniger Abwasser in den Kanälen - mit fatalen Folgen. Fließt das Abwasser zu langsam durch die Kanalisation, weil diese zu groß ist, bilden sich Schwefelwasserstoffe, bekanntlich die stinkenden Faulgase. Diese zerstören die Kanäle. Statt 80 Jahre zu halten, wie geplant, müssen erste Kanäle nach 15 Jahren erneuert werden. Menschen und Firmen in den Regionen mit Bevölkerungsverlust werden doppelt bestraft. Die Kanäle gehen eher kaputt und getätigte Investitionen und Betriebskosten verteilen sich auf weniger Schultern.
Wurde eine Kläranlage für 50 000 Einwohner gebaut und die Einwohnerzahl sinkt um die Hälfte, auf 25 000, so müssen die Verbliebenen die hohen Investitionen und die Betriebsausgaben komplett tragen. Die Kosten für die im Abwasserpreis enthaltenen Umlagen steigen dann von 2,50 Euro je Kubikmeter auf 5 Euro je Kubikmeter. Unbezahlbar.


Medikamente sind notwendig für uns Menschen, aber ihre Reste schaden der Umwelt und müssen raus aus dem Wasser. Gedacht wird an neue Reinigungsstufen in den Klärwerken. Das würde viel kosten. Die Abwasser- und Entwässerungssysteme müssen mit mehr Starkniederschlägen und größeren Niederschlagsmengen, einer Folge des Klimawandels, klarkommen. Die Anpassung kostet.
Zu all diesen Punkten findet sich in Ihrem Haushaltsentwurf nichts. Für FDP und CDU scheint dies kein Problem zu sein. Für die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen ist es das schon. In anderen Bundesländern verhält es sich ebenfalls so. In Thüringen wehren sich die Bürger mit dem „Volksbegehren für gerechte und bezahlbare Kommunalabgaben“ gegen diese Politik. Das unterstützt Die Linke.


Verbraucherinnen und Verbraucher müssen zahlen, Baukonzerne verdienen. Die Großkonzerne   Lieblingsklientel dieser Koalition   sind auch beim Wasser wieder einmal nicht betroffen, denn für diese gibt es großzügige Ausnahmeregelungen - aus wirtschaftlichen Gründen wie bei Kali und Salz.
Der Pharmaindustrie werden Forschungsmillionen zugesteckt. Aber fördert man auch Forschungen zur Bekämpfung von Medikamentenresten im Abwasser? Dazu habe ich im Haushalt nichts gefunden.
Die Linke fordert eine kommunale Investitionspauschale und eine unabhängige Medikamentenforschung, auch für eine echt soziale und ökologische Abwasserwirtschaft.
Nun ein anderer Punkt. Umweltpolitik erfordert Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Mit der Glaubwürdigkeit hapert es. Das Atommüllendlager Gorleben ist ein Beispiel für Wort und Tat dieser Regierung. Im Haushaltsentwurf werden für 2013 und im Finanzplan ab 2014 jedes Jahr 76 Millionen Euro für das Endlager in Gorleben bereitgestellt. Für die Suche nach alternativen Atommülllagerorten werden jedoch nur 3,5 Millionen Euro veranschlagt. Zwar wirbt Herr Altmaier für eine ergebnisoffene Lagersuche, aber die Zahlen beweisen: Sie haben sich längst auf Gorleben festgelegt. Die Linke sagt: Tauschen Sie die Zahlen! Geben Sie 3,5 Millionen Euro für die sichere Schließung von Gorleben aus, und investieren Sie 76 Millionen Euro in die Suche nach alternativen Lagerstätten!
Jetzt komme ich zu einem positiven Punkt des Haushalts. Erstmals stellt diese Regierung explizit Mittel für die Stromspeicher- und Übertragungsnetzforschung bereit - das fordert die Linke seit Jahren. Das ist ein wichtiger Schritt, und wenn Sie jetzt noch unsere Forderungen nach Last- und Stromerzeugungsmanagement übernehmen, dann könnten Sie die eine oder andere geplante Stromleitung weglassen - ein Baustein für eine preiswerte Energiewende.


Für Die Linke ist dieser Haushalt Stückwert. Er bearbeitet partiell einige Umweltprobleme, aber es fehlt ein Gesamtkonzept. Die Linke arbeitet an ihrem Gesamtkonzept für eine soziale, ökologische und demokratische Gesellschaft. Unser Plan B für den sozialen, ökologischen und demokratischen Umbau ist eine Alternative zur jetzigen Planlosigkeit. Herr Minister, nehmen Sie die Anregungen aus unserem Plan B auf. Menschen und Umwelt werden es Ihnen danken. Ein Exemplar werden Sie von mir erhalten.


Vielen Dank.