Offener Brief zur Anbindung von Leipzig Hbf an ICE

Ralph Lenkert

Sehr geehrter Herr Dr. Grube,

als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises 194 (Gera, Jena, Saale-Holzland-Kreis) wurde ich letzte Woche über Pläne der DB-AG informiert, dass ab dem Winterfahrplan 2010/2011 Leipzig nur noch im 2-Stunden Takt über ICE an Berlin und München angebunden werden soll.
Bitte teilen Sie mir mit, ob dies den wirklichen Planungsstand bei der DB-AG darstellt.

Im Namen der Mehrheit der Bürger, der Unternehmen und der Gäste meines Wahlkreises würde ich solche Planungen ablehnen.
Bitte beziehen Sie die folgenden Gedanken und Fakten in Ihre Vorhaben mit ein:

1.    Gera mit 100.000 Einwohnern ist bereits vollständig vom Fernverkehr abgeschnitten. Die stündliche Anbindung nach Leipzig stellt nur einen schwachen Ersatz dafür dar. Dann nur noch alle zwei Stunden Anschluss nach Berlin zu erhalten, ist eine weitere Abkopplung der Stadt Gera vom Schienenverkehr. Eine weitere Benachteiligung dieser Stadt bei der Bahnanbindung ist inakzeptabel.
2.    Ihr Regionalbeauftragter für Thüringen Herr Brehm konnte zur zukünftigen Anbindung der Stadt und Region Jena an den Fernverkehr (nach 2015/2017) keine Auskünfte geben, allerdings brachte er eine gute Regionalanbindung nach Leipzig ins Spiel. Wie soll das bei dem dann eingeschränktem Angebot von Leipzig aus funktionieren?
3.    Die Buslinien des Saale-Holzland-Kreises fungieren als Zubringer zu den Bahnhöfen, auch die Bewohner dieses Kreises verlieren durch diese Entscheidung Reisemöglichkeiten und die Bahnfahrten werden unattraktiver.
4.    Es macht keinen Sinn, Leipzig Hauptbahnhof mit hunderten Millionen Euro als Umsteigeknoten zu entwickeln, einen Tunnel zu bauen, um dann den ICE-Fernverkehr von Leipzig wegzunehmen.
5.    Die Fahrtzeiten werden für die Bewohner des Wahlkreises 194 real länger, insbesondere im Falle von verpassten Anschlüssen, wenn der nächste Zug erst 2 Stunden später fährt.



Durch die Verschlechterung der Anbindungen verliert aus meiner Sicht die DB-AG dauerhaft Kunden an andere Verkehrsmittel und die abgehängten Regionen verlieren an Anziehungskraft. Stellen Sie sich das Bahnnetz wie ein Flusssystem vor, wenn die Zuläufe (Nebenstrecken) versiegen, werden auch die Hauptarme (Schnellverbindungen) unattraktiver.

Aus meiner Sicht ist die derzeitige Bahnpolitik zu sehr auf Betriebswirtschaft des Unternehmens DB und zu wenig auf volkswirtschaftliche Gesamtkosten / Gesamterfordernisse ausgerichtet. Trotzdem erwarte ich von einem Chef eines Unternehmens, dass zu 100 Prozent der Bundesrepublik gehört, dass er seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird.

Ich fordere Sie auf, die in der Öffentlichkeit derzeit wahrgenommene Fernverkehrspolitik der DB-AG zu überdenken und bitte Sie, die Erhaltung der stündlichen ICE-Anbindung von Leipzig zu garantieren.

Bei Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung und warte auf Ihre Antwort.

Jena, 29.03.2010

Mit freundlichen Grüßen


Ralph Lenkert
MdB