Gasversorgung muss ohne Nord Stream II auskommen

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Rede hier anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=w84c5Dlrs-c

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Seit 2009 bin ich im Bundestag, seit 2011 Mitglied meiner Partei Die Linke. Das ist eine Partei, in der Genossinnen und Genossen eigene Positionen vertreten können, eine Partei, die auf Parteitagen ihre Leitlinien abstimmt. Die Linke fasste auf dem Erfurter Parteitag im Juli 2022 einen Beschluss, aus dem ich jetzt zweimal zitiere:

(Jens Spahn (CDU/CSU): Der hat die Welt verändert!)

Erstens.

Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands und die von Russland begangenen Kriegsverbrechen aufs Schärfste und setzen uns für eine Bestrafung der Verantwortlichen ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens.

Wir wollen Energieunabhängigkeit und dafür den Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland und Europa deutlich beschleunigen. Die Möglichkeiten, den Import von fossilen Energieträgern aus Russland schnellstmöglich stärker einzuschränken, müssen ausgenutzt werden. Auch den Import von umweltschädlichem Fracking-Gas lehnen wir ab. Es ist richtig, dass angesichts des Ukrainekrieges Nordstream 2 nicht in Betrieb genommen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist die Leitschnur meiner Arbeit als klima- und energiepolitischer Sprecher meiner Fraktion.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, in Rudolstadt, in Apolda, in Jena, in E-Mails und auch in Sprechstunden vermitteln Sie mir Ihre Angst vor unbezahlbaren Heizkosten, Ihre Angst um den Arbeitsplatz, um Ihr Unternehmen, wenn die Gasversorgung zusammenbricht. Es ist verständlich, dass einige Bürgerinnen und Bürger glauben, wenn man Nord Stream 2 freigeben würde, würde Russland wieder sicher Erdgas liefern. Wegen des brutalen Überfalls Russlands auf die Ukraine befindet sich Deutschland, befindet sich die Europäische Union in einem Wirtschaftskrieg mit Russland. Das ist die Realität, unabhängig davon, wie jeder von uns und von Ihnen Waffenlieferungen an die Ukraine oder Sanktionen gegen Russland bewertet.

Sollte Nord Stream 1 wirklich technische Probleme haben, dann könnte Russland problemlos über die Gaspipeline Jamal die jetzigen Gaslieferungen abwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Jamal startet im selben Gasfeld, endet im deutschen Verbundnetz und arbeitet zurzeit nicht.

(Karsten Hilse (AfD): Also schicken wir unser Erdgas nach Polen, damit die ihre Speicher vollmachen können? So blöd muss man erst mal sein!)

Deshalb ist für mich klar: Putin betrachtet Gaslieferungen als Teil des Wirtschaftskrieges. Die Reduzierung ist für mich politisch und nicht technisch verursacht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Bürgerinnen und Bürger, langfristig schützt uns nur der massive Ausbau von erneuerbaren Energien und Energiespeichern vor den heutigen Problemen. Kurzfristig müssen wir noch für etwa 40 Prozent unseres Gasbedarfs eine schnelle Lösung finden. Wir fordern einen Einspeisebonus für Biomethan ins Gasnetz, damit Biogasanlagen immer, wenn es genügend Strom gibt, ihr Gas nicht verstromen, sondern ins Gasnetz einspeichern.

Die Linke fordert, die Netzentgeltsystematik im Stromnetz anzupassen. Unternehmen, insbesondere Stadtwerken, müssen die Mehrkosten ersetzt werden, die durch den Einsatz von Strom statt Gas entstehen, wenn sie beispielsweise mit Strom statt mit Gas Fernwärme erzeugen. Das ist meist deutlich billiger, als teure Mengen LNG-Gas auf dem Weltmarkt einzukaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir fordern die Bundesregierung auf, eine konkrete Prioritätenliste für Gasbelieferungen aufzustellen, damit lebenswichtige Bereiche unserer Gesellschaft und Bereiche der Wirtschaft, die bei Gaslieferausfall irreparable Schäden erleiden, gesichert sind, wie die Lebensmittelversorgung, Heizung oder auch die Thüringer Glasindustrie. Wir wollen, dass eine staatliche Gesellschaft sofort den kompletten Einkauf des benötigten Gases auf dem Weltmarkt organisiert, damit Profitstreben, aber auch Finanzierungsprobleme privater Handelsunternehmen nicht die Versorgung gefährden.

(Beifall bei der LINKEN)

Kolleginnen und Kollegen, die Probleme, die wir haben, wurden durch die Liberalisierung und Privatisierung im Energiesektor ausgelöst. Das Beharren auf einem freien Markt in einem technischen Monopol führt zu Verrenkungen und zu Problemen, die wir jetzt ausbaden müssen. Es ist ein Fehler, zu glauben, dass die Instrumente, die zu Problemen führten, die Lösung für die Probleme sein werden. Deshalb möchte die Linke, dass die Energiewirtschaft in gesellschaftliche Hand kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit das Leben und die Energie bezahlbar bleiben, schlägt die Linke vor: eine Energiepreisaufsicht und die Einführung einer Übergewinnsteuer gegen Spekulationen, zum Ausgleich der Krisenkosten vorerst für acht Monate monatlich 125 Euro für Einpersonenhaushalte und 50 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied,

(Beifall bei der LINKEN)

den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs und die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

ein Mobilitätsgeld für alle Pendlerinnen und Pendler, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auf null Prozent mit Preisaufsicht, damit die Senkung auch ankommt,

(Beifall bei der LINKEN)

und ein Verbot von Strom- und Gassperren für Privathaushalte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)