Nachhaltigkeit

Ralph LenkertRedenBundestagThemenNachhaltigkeit

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Deshalb hat auch die EU eine Nachhaltigkeitsstrategie. Leider scheint sie aber eher nur auf dem Papier zu stehen, als dass sie eine Handlungsgrundlage ist. Das hat auch der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung des Bundestages festgestellt.

Alles andere als nachhaltig war der Druck der EU auf Griechenland, für den Euro-Rettungsschirm Löhne, Gehälter und Investitionen zu kürzen. Wie von der Linken vorausgesagt, brach daraufhin die Wirtschaftsleistung ein. Das war unverantwortlich.

Verantwortlich wäre gewesen, die gravierende Steuerhinterziehung in Griechenland – nach Schätzungen geht es hier um 30 Milliarden Euro pro Jahr – zu bekämpfen. Diese einseitige, nicht nachhaltige Politik verurteilt die Linke. Jetzt, ein Jahr nach dem Ausbruch der griechischen Finanzkrise, plant der griechische Finanzminister, mit 3 000 zusätzlichen Beamten die Steuerhinterziehung zu bekämpfen und so die Staatseinnahmen zu erhöhen. Das ist der Anfang einer nachhaltigen Finanzpolitik.

In der Bundesrepublik werden jedes Jahr weit über 50 Milliarden Euro Steuern hinterzogen. Jeder zusätzliche Steuerprüfer holt davon etwa 1 Million Euro in die Staatskasse zurück. Deshalb fordert die Linke mehr Steuerprüfer.
Das wäre für den Bundeshaushalt nachhaltig und ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Jeder Lohnsteuerzahler wird überprüft, aber Betriebsinhaber und Millionäre haben wegen fehlenden Personals in den Finanzämtern gute Chancen, bei Schummeleien nicht erwischt zu werden.
Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch nicht nachhaltig.

Bei Empfängern von ALG II, beim Kindergeld, beim BAföG und beim Wohngeld wird gnadenlos überwacht. Der kleinste Fehler eines Leistungsempfängers führt zum Verlust von Leistungen und beim Bezug von ALG II zu erbarmungslosen Sanktionen. Wer Steuern in Millionenhöhe hinterzogen hat, geht bei rechtzeitiger Selbstanzeige straffrei aus. Da sagt die Linke: So nicht!

Auch in anderen Bereichen wird bei der Nachhaltigkeit geschludert. Zum Schutz des Klimas legte die EU neue Grenzwerte für das Treibhauspotenzial von Kältemitteln in Klimaanlagen von Pkw fest. Dabei wurde aber nicht nur die Begrenzung des internen Energieverbrauchs der Klimaanlagen vergessen; auch der Gesundheitsschutz kam unter die Räder. Zum Schutz des Klimas wurde für neue Pkw-Typen ein Verbot des Einsatzes des bisherigen Klimakillers R 134 a erlassen. Die EU hoffte auf den Einsatz von CO2, doch die Autoindustrie setzte, um Entwicklungskosten zu sparen, auf R 1234 yf statt CO2. Im Falle einer undichten Klimaanlage oder eines Feuers nach einem Unfall entsteht daraus aber Flusssäure, welche die Lungen von Insassen, Helfern und Unbeteiligten verätzen kann. Das ist ein Skandal.
Die Linke forderte sofort ein Verbot des Einsatzes gesundheitsgefährdender Kühlmittel in Pkw. Aber statt mit uns gemeinsam einen Weg zu finden, wie dieses Gesundheitsrisiko verhindert werden kann, schmetterten Sie von der Regierungskoalition unsere Initiative ab. Im September sollen die ersten Pkw mit dem Kühlmittel R 1234 yf im Handel sein. Das kann doch nicht ihr Ernst sein. Wir fordern Sie auf, eine Entscheidung zu treffen, die dazu führt, dass kein einziger Mensch verletzt werden kann.

Jetzt komme ich zur Nachhaltigkeitsprüfung zurück. Hätte es in diesem Fall eine Nachhaltigkeitsprüfung gegeben, wäre der Skandal nicht passiert. Hätten wir mehr Finanzbeamte und Steuerprüfer, zum Beispiel 500 in Nordrhein-Westfalen, könnten wir die Finanzen der Bundesrepublik nachhaltig verbessern.
 
Wir, Die Linke, unterstützen die Arbeit des Parlamentarischen Beirats für Nachhaltigkeit, weil über die Nachhaltigkeitsprüfung Fehler erkannt werden können. Wir haben nur eine Welt und ein Leben, und deshalb müssen wir sorgsam damit umgehen. Das ist der Kern von Nachhaltigkeit.