Lärmschutz und Lebensqualität verbessern

Ralph Lenkert, MdB

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Geld schützt vor Straßen- und Schienenlärm. Wer genügend besitzt, baut sein Haus in ruhigen Regionen. Der Rest der Bevölkerung hat entweder Glück oder ist auf Lärmschutz angewiesen, der Geld erfordert.

Die SPD stellt in ihrem Antrag treffend fest, dass die Höhe der volkswirtschaftlichen Schäden durch Lärm mehr als 12 Milliarden Euro jährlich beträgt. Die durch den von Straße und Schienen verursachten Lärm ausgelösten Krankheiten, die geringeren Arbeitsleistungen nach gestörter Nachtruhe verursachen dies. 1,2 Millionen Bundesbürger müssen täglich bei mehr als 60 Dezibel schlafen. Umfangreiche Gesetze und Verordnungen in der EU und in der Bundesrepublik befassen sich folgerichtig mit Lärm. Ausreichend sind sie nicht.

Wieso wird die Lärmbelastung der Bevölkerung zur Planung des Lärmschutzes eigentlich nur rechnerisch ermittelt und nicht zwingend mit Messungen überprüft? Ob vom Zug, vom Flugzeug oder vom LKW verursacht, jede Lärmart wird einzeln bewertet. Dem Idealmodell folgende Kalkulationen ignorieren die Situation vor Ort. Das führt zu Fehleinschätzungen und damit zu fehlenden, nicht ausreichenden, mitunter aber überdimensionierten Lärmschutzbauten. Deshalb fordert die Linke als einen Schritt zu effektiverem Lärmschutz, die Lärmkartierung durch zwingende Lärmmessungen zu verbessern.

Was stört einen erholsamen Schlaf eigentlich mehr: das gleichmäßige Rauschen rollenden Verkehrs oder das Scheppern eines Tiefladers im Schlagloch? Nicht der durchschnittliche Lärm allein ist entscheidend, sondern auch die Höhe und die Häufigkeit von Lärmspitzen.
Daraus folgt unser nächster Schritt: Lärmspitzen müssen in die Lärmbetrachtung einfließen.

Das größte Problem bei der Lärmbekämpfung ist unsere Art und Weise, zu wirtschaften. Das Motto „Höher, schneller, weiter!“ führt zu immer mehr Verkehr. Da sind unnötige Transporte. Muss man Joghurt von Flensburg nach München transportieren und umgekehrt? Muss man allein aus Profitgründen Nordseekrabben in Marokko puhlen lassen? Aus betriebswirtschaftlichen Gründen vielleicht, aus volkswirtschaftlichen jedoch nicht, weil die Folgen, zum Beispiel die Lärmprobleme, zulasten der Gemeinschaft gehen. Deshalb setzt die Linke auf Verkehrsvermeidung und regionale Wirtschaftskreisläufe.

Der unvermeidbare Verkehr muss leiser werden. Dazu brauchen die Kommunen Aktionspläne und Geld. Wo Lkws über die Straße poltern, muss das Tempo reduziert werden. Das ist billiger und hilft etwas. Besser wäre aber eine Straße ohne Schlaglöcher und ohne Querschläge, verursacht durch mangelnde Instandhaltung, durch Aufhacken und Verschließen der Straßendecke aus verschiedenen Gründen.

Oft werden Baumaßnahmen unzureichend geplant und durchgeführt. Daher schlagen wir vor, Lärmmessungen in die Abnahmeprüfung und Garantiebewertung nach jeder Baumaßnahme aufzunehmen. Das zwingt Baufirmen zu mehr Qualität, und Qualitätsarbeit erfordert Facharbeiter. So kann die Abnahmeprüfung dazu führen, dass prekäre Arbeitsverhältnisse in gute Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden. Das ist linke Politik.

Ob Schiene oder Straße, ohne Lärmschutzwälle werden wir nicht immer auskommen. Wegen Geldmangel ist vorbeugender Lärmschutz aber nur bei Neubauten vorgesehen. Wir fordern, dass auch die deutliche Zunahme des Verkehrs eine wesentliche Änderung darstellt und zwingend vorbeugende Lärmschutzmaßnahmen erfolgen müssen.

Wie man mit weniger Geld mehr Lärmschutz erreichen kann, können Sie in Brandenburg sehen. Da regiert übrigens die Linke.
Bei Michendorf ist im Zusammenhang mit dem Ausbau der A 10 die Anbringung von Photovoltaikanlagen vorgesehen. Würde man alle Lärmschutzbauten in der Bundesrepublik mit Photovoltaikanlagen ausstatten, könnte dadurch der gesamte Strombedarf der Deutschen Bahn gedeckt werden. Die dadurch frei werdenden Gelder müssten zweckgebunden in den Lärmschutz fließen. Das ist Umweltschutz.

Der Antrag der SPD ist unserer Ansicht nach richtig. Er ist zwar etwas zu allgemein, aber wir stimmen ihm trotzdem zu, weil er der Umsetzung unserer Ziele dient.

Zum Abschluss ein Wort an die Koalitionsfraktionen: Nehmen Sie nicht immer nur die Anträge der anderen auseinander, sondern legen Sie selbst etwas vor.

Ich habe nur Ankündigungen gehört. Ich habe gehört, was Sie bis 2020 alles machen wollen.
Handeln Sie! Übernehmen Sie die konkreten Vorschläge der Oppositionsparteien! Dann können wir etwas für den Lärmschutz, für unser Land und für die Demokratie erreichen.
Ich danke Ihnen.