Gefahrenhinweise auf Verpackungen müssen verständlich sein

Ralph Lenkert

Rede zu TOP 29 am 7. Juli 2011 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1172/2008 und zur Anpassung des Chemikaliengesetzes und anderer Gesetze im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon

Sehr geehrter Herr Präsident, geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ohne Chemikalien, ohne verschiedene Stoffe und Stoffgemische kommt die Menschheit nicht mehr aus und leider haben diese gefährliche Nebenwirkungen. Egal ob sie giftig, explosiv, brennbar oder ätzend sind, ihre schädlichen Nebenwirkungen entfalten Chemikalien weltweit. Die Verordnung 1272/2008 der EG, auch CLP Verordnung genannt, beruht auf einem UN – Vorschlag. Sie soll die Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen regeln und weltweit erkennbar vor möglichen Gefahren warnen. Außerdem erfasst sie Meldepflichten zu gefährlichen Stoffen.

Eine international angepasste Kennzeichnung begrüßt meine Fraktion und auch die im Gesetzentwurf vorgenommene Erweiterung der Liste gefährlicher Stoffe und erweiterte Mitteilungspflichten für Hersteller und Nutzer dieser Stoffe unterstützen wir.

Aber aus folgenden Gründen kann die Linke nicht zustimmen.
Die Bildsymbole sollen zukünftig nur noch mit den Signalworten „Gefahr“ und „Achtung“ versehen werden. Es entfallen also die gewohnten Einstufungen, die aber durchaus der Systematik in der EU-Verordnung ähneln. Das ist ein Problem. Eine giftige Flüssigkeit wurde bisher mit einem Totenkopf markiert. Eine hautreizende Flüssigkeit hat derzeit ein Warnkreuz auf dem Etikett. Zukünftig werden beide das selbe Warnsymbol haben, nur das kleingedruckte Wort „Gefahr“ oder „Achtung“ unterscheidet sie noch. Aber wie sollen Menschen, die nicht deutsch lesen können, den Unterschied erkennen? In abgewandelter Form hätte die Regierung klarere Gefahrenhinweise einführen können. Das würde einige Unfälle mit Chemikalien und schwerwiegende Gesundheits-und Umweltschäden verhindern.

Überall schwärmt man von Nanostoffen, das sind extrem kleine Partikel. Dummerweise besitzen die neben ihren neuen, gut nutzbaren Eigenschaften auch unerwartete, noch unbekannte gefährliche Nebenwirkungen. Diese Materialien durchdringen aufgrund ihrer geringen Abmessungen z.B. Haut und Blutgefäße. Ihre im Verhältnis zur Masse größere Oberfläche verstärkt die Reaktivität mit anderen Stoffen. Mikroskopische Titanoxidpartikel verändern das Erbgut. Das in Sonnenschutzmitteln enthaltene Silber in Nanoform schädigt Wasserorganismen. Die Auswirkungen des Nanosilbers wurden erst Jahre nach Beginn der Nutzung erkannt. Ab 2012 müssen Kosmetikartikel, die Nanopartikel enthalten, gekennzeichnet werden. Dazu gehört dann auch das Nanosilber.
Damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine Chance haben, eventuellen Schäden auszuweichen, fordern wir eine Kennzeichnungspflicht für neuartige Nanostoffe. Unabhängig davon müssen natürlich bekannte Risiken, die von Nanostoffen ausgehen, mit den entsprechenden Gefahrenhinweisen dargestellt werden.

Zuletzt stelle ich eine Frage an die Bundesregierung. Warum lassen Sie einige Stoffe und Gemische, welche chronisch schädigende Auswirkungen auf die Gesundheit haben, mit dieser Richtlinie aus der Kennzeichnungspflicht herausfallen? Gerade für Arbeitnehmer, die z.B. in Lackierereien solchen Stoffen täglich ausgesetzt sind, bedeutet dies, dass sie nicht mehr auf der Verpackung sehen, dass sie sich vor dem Anlagenreinigungsmittel eigentlich schützen müssten. Firmen erkennen nicht mehr, dass sie ihre Beschäftigten gefährden und werden erhöhte Krankenstände haben. Wie wollen Sie diese Nebenwirkungen der Richtline ausschließen? Wie wollen Sie verhindern, dass Schäden durch Unkenntnis entstehen?

Entscheiden Sie sich wie wir für die Variante, lieber eine Kennzeichnung zu viel, als einen Kranken mehr.

In Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen dieser Gesetzesänderung kommen wir zur Entscheidung, dass wir uns enthalten.