ESM und Fiskalpakt

Ralph Lenkert

Der Verlauf der Euro-Krise zeigt deutlich, dass die Politik der EU-Institutionen und vor allen voran der Bundesregierung nicht dazu geeignet ist, die Krise zu beenden. Nach dem ersten bail-out von Griechenland im April 2010 haben nunmehr fünf von siebzehn Mitgliedsstaaten der Gemeinschaftswährung Hilfsgelder beantragt, insgesamt wurden bereits über 500 Milliarden Euro Garantien und Hilfeleistungen gewährt. Der Haftungsrahmen der Bundesrepublik liegt derzeit bei über 300 Milliarden. Der spanische Hilfsantrag hat zur Folge, dass der spanische Staat die Haftung für die Bankenrettung übernehmen muss, dadurch steigt sein Schuldenstand von 80% auf 90%. Der Vertrag und die Rettungsmaßnahmen tragen nicht dazu bei, die Eurokrise dauerhaft zu überwinden, da man nicht an den Ursachen ansetzt, sondern nur Symptome behandelt. So betrug die durchschnittliche Staatsschuldenquote in der EU 2008, vor der Pleite von Lehman Brothers,  68% des BIP, durch die Milliarden-Rettungspakete für Banken schnellte diese Quote bis 2011 jedoch auf 87% des BIP hoch und steigt wie jetzt in Spanien wegen der Banken weiter. Anstelle die Staaten zu "disziplinieren", müssen die Finanzmärkte diszipliniert, d.h. reguliert werden. Die durch den Fiskalpakt erzwungene Sparpolitik wird die Krise nicht lösen, sondern die EU noch tiefer in die Rezession führen. Konkrete Maßnahmen, die Spekulationen und anschließend erzwungene Rettungspakete für Banken und Vermögen zukünftig verhindern, fehlen nach wie vor. Solche Maßnahmen wären für mich beispielsweise die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, Verbote hochspekulativer Geschäfte, die Zerschlagung systemrelevanter Banken in kleinere Einheiten, damit diese nicht mehr aus "Systemgründen" gerettet werden müssen, und das Verbot des schnellen Computerhandels.

In der Krise seit 2008 stieg die Zahl der Millionäre in Deutschland von 600.000 auf 900.000 und inzwischen betragen die Nettoprivatvermögen des reichsten Prozentes der Bevölkerung über 2 Billionen Euro, mehr als alle Verbindlichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen zusammen. Eine wirkliche Beteiligung dieser Profiteure und Verursacher der Krise an den Kosten der Finanzkrise ist trotzdem nicht vorgesehen. Ohne eine drastische Besteuerung hoher Vermögen und Einkommen, wie mit der von der Linken geforderten Millionärssteuer, folgt aus dem Fiskalpakt nur weiterer Sozialabbau. Der Fiskalpakt schützt die Spekulanten und zwingt die Mitgliedstaaten zu verschärftem Sozialabbau, Privatisierung staatlichen Eigentums sowie einem Abbau öffentlicher Leistungen. Der Fiskalpakt soll diese zerstörerische Politik verbindlich und unumkehrbar festschreiben. Die deutsche Agenda 2010 wird zum für Europa unbezahlbaren Exportschlager der Bundesregierung. Mit der Zustimmung wurde das Herzstück parlamentarischer Selbstbestimmung, die Haushaltssouveränität, durch CDU,SPD,FDP und Grüne auch für zukünftige Parlamente aufgegeben. Der im September 2013 neu zu wählenden Bundesregierung wird ein Mühlstein um den Hals gebunden, der ihr eine Neuausrichtung der Politik unmöglich macht. Mit dem jetzigen Fiskalpakt werden kommende Regierungen verpflichtet, kaum noch neue Schulden aufzunehmen und ab sofort jährlich 25 Milliarden Euro jährlich einzusparen. Das entspricht in etwa dem dreifachen des thüringischen Landeshaushaltes.  Ab 2014 ständen damit für uns Thüringerinnen und Thüringer 750 Millionen Euro weniger für z.B. für Lehrer, Nahverkehr, Renten, Infrastrukturausbau und vieles andere bereit. Die Unkündbarkeit des Vertrages und damit die Festschreibung der Schuldenbremse auf ewig ist unter Demokratiegesichtspunkten nicht hinnehmbar. Dass ein gewähltes Parlament die Haushaltshoheit an Brüsseler Technokraten verliert, ist ebenfalls nicht akzeptabel. Diese beiden Punkte verstoßen nach unserer Meinung gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

DIE LINKE hat deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht Klage gegen diesen Vertrag eingereicht.

Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer und lassen Sie es sich gut gehen.

Ihr Ralph Lenkert