Flusssäure

Flusssäure ist die wässrige Lösung von Fluorwasserstoff (HF). Es handelt sich um eine farblose, stechend riechende Flüssigkeit. Sie wirkt auf Oberflächen und auf Körpergewebe stark ätzend und stellt einen sehr giftigen Gefahrstoff dar, nämlich ein starkes Kontaktgift (MAK-Werte-Liste I: lokal reizende Stoffe). Durch ihre hohe Lipidlöslichkeit wird Flusssäure gut über die Haut (oder Schleimhaut) resorbiert, so dass sie zu Schädigungen tiefe

Klinische Wirkungen von Flusssäure beim Menschen:

a) Haut:

Flusssäure wirkt stark ätzend auf die Haut (Rötung, Brennen), auf Schleimhäute und auf die Bindehaut der Augen (Vorsicht: auch bei Dampfexposition). Verätzungen sind sehr schmerzhaft. Es kommt zu Nekrosenbildung nach Verätzung, wobei die Heilungstendenz der Geschwüre schlecht ist und die Nekrosen sich über mehrere Tage weiter im Gewebe ausdehnen können.

Durch die hohe Lipidlöslichkeit wird Flusssäure schnell über die Haut resorbiert und gelangt in tiefere Gewebsschichten (bis auf die Knochen), wo es ebenfalls zu Verätzungen kommt. Wenn sehr geringe Mengen an Flusssäure auf die Haut gelangen, kann es zunächst auch ohne (starke) Schmerzen (diese treten dann u. U. erst verzögert auf) zu einer (unbemerkten) Resorption in das Gewebe kommen, die dann den eigentlichen Schaden darstellt (z.B. Rhabdomyolyse = Zerstörung von Muskelgewebe, dadurch Freisetzen von Muskelproteinen, die dann die Niere verstopfen: mögl. Nierenausfall).

b)     Lunge:

Dämpfe der Flusssäure werden über die Atemwege aufgenommen, was zu Verätzung der Atemwege führt. Nach einer solchen Aufnahme kann es zu folgenden Symptomen kommen: Dyspnoe (Atemnot), Bronchospasmus (Bronchospasmus ist ein medizinischer Fachbegriff, der das Verkrampfen der Muskeln, welche die Atemwege umspannen, bezeichnet. Ein Bronchialspasmus kommt vor bei Asthma, aber auch beim Einatmen von Dämpfen und Rauch), Tracheolitis (o. Tracheitis-eine Tracheitis ist eine Entzündung der Luftröhre, die infektiös, allergisch oder chemisch irritativ bedingt sein kann), Pneumonitis (Pneumonitis steht für eine entzündliche Veränderung der Lunge. Im Gegensatz zur Pneumonie sind die Auslöser jedoch keine Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze, sondern in der Regel pneumotoxisch wirkende Einflüsse wie hochenergetische Strahlung, Medikamente oder Chemikalien), evtl. toxisches Lungenödem (Vorsicht: Lebensgefahr!-Ein toxisches Lungenödem entsteht als Folge des Einatmens giftiger Gase z.B. Rauchgase bei Bränden, Chlor, Ammoniak, Phosgen). Diese führen zu einer Flüssigkeitsfreisetzung im Lungengewebe. Toxische Lungenödeme können noch bis zu 24 Stunden zeitverzögert nach der Gasinhalation auftreten), Evtl. kann eine systemische Wirkung nach pulmonaler Resorption eintreten   

c)     Hypocalcämie (Calciummangel) durch Präzipitation (in der Bio- und allgemeinen Chemie eine Abscheidung aus einer Flüssigkeit) von Cacliumionen: 

Trägt zu lokaler Verletzung bei, kann aber auch zu schweren systemischen Vergiftungen und evtl. zum Multiorganversagen führen (z.B. durch Hemmung der Aktivität Calcium-abhängiger Enzyme, Blutgerinnungsstörungen

d)     Hypermagnesiämie (Magesiummmangel)

e)      Metabolische Azidose:

Als Metabolische Azidose bezeichnet man in der Medizin eine stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes und des Körpers (Azidose). Sie wird durch vermehrt im Körperstoffwechsel anfallende Protonen, deren verminderte Ausscheidung einen Bikarbonat-Verlust verursacht.

f)     Magen/Darm:

Wenn Flußsäure oral aufgenommen wird, können beispielsweise Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Blutungen, Nekrosen, Perforation und Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) die Folge sein. Auch hier besteht die Gefahr einer Resorption und somit die Gefahr, dass systemische Wirkungen auftreten.

Therapie:

Benetzte Kleidung entfernen, sofortiges Spülen der verletzten Haut mit viel klarem Wasser oder fluorid-spezifischen Spüllösungen (Calcium-haltige Lösungen).
Schmerzbehandlung mit Calciumgluconat (Bad, Gel oder lokales Unterspritzen der Haut)
Wichtig: schnell handeln!

Nach Einatmen: Lungenödemprophylaxe mit Glucocorticoid-Inhalationsspray (in den Rachenraum  verabreichte Glucocorticoide wirken lokal entzündungshemmend und antiallergisch.)

Nachweis von Flusssäure:

Flusssäure ätzt Glas; spezielle Sensorstifte (kommerziell erhältlich; z.B. HFT-Sensorstift), spezielle Teststreifen, Gewebeverätzungen

Quellen:

Marquardt, Schäfer "Lehrbuch der Toxikologie" (2. Aufl.)
Giftnotrufzentralen