Gesetz zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Planungs- und Genehmigungsverfahren während der Covid-19-Pandemie (Planungssicherstellungsgesetz – PlanSiG)

Drucksache: 19/18965

Votum der LINKEN: Ablehnung

 

Inhalt des Gesetzes:

Durch die Maßnahmen zum Infektionsschutz können viele Planungs- und Genehmigungsverfahren nicht wie gewohnt durchgeführt werden, da mit ihnen die körperliche Anwesenheit von Personen verbunden ist. Dies bezieht sich insbesondere auf das Recht von Bürger •innen, Einsicht in Unterlagen zu erhalten und Erörterungstermine wahrzunehmen. Der Erörterungstermin ist das Herzstück umweltrechtlicher Verfahren. Als Ersatz für die dort stattfindenden mündlichen Verhandlungen oder Antragskonferenzen wird das Instrument einer Online-Konsultation eingeführt. Auch eine Telefon- oder Videokonferenz könne durchgeführt werden.

 

Anmerkungen:

Entgegen der von der Regierung verbreiteten Darstellung, dass Möglichkeiten zur Partizipation problemlos online durchgeführt werden könnten, verbirgt sich hinter den Regelungen im Detail eine weitreichende Beschränkung der Partizipationsmöglichkeiten:

Pandemische Notwendigkeit der Regelungen fragwürdig: Schulen, Gastronomie und Kinos dürfen öffnen, Hygienekonzepte ließen sich auf die Erörterungstermine übertragen. Es ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zu rechtfertigen, dass die von Planungsvorhaben betroffene Bevölkerung in der effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte eingeengt wird.

Wir fordern die Durchführung der Erörterungstermine unter Anwendung der geltenden Hygienebestimmungen.

Die vorliegenden Regelungen ermutigen die Behörden, nach Möglichkeit Erörterungstermine vollständig entfallen zu lassen, ein Großteil wird ersatzlos entfallen. Dies widerspricht dem mit dem Erörterungstermin verbundenen Zweck eines Austauschs und idealerweise Kompromissfindung. Damit wird der Stellenwert solch etablierter Praxis sogar noch über die Geltungsdauer hinaus beschädigt. In der Praxis zeigen sich die Verständnisdefizite bei den Einwendungen oder das Erfordernis weiterer Informationen zum Vorhaben erst im vielfachen Austausch der Diskussion. Ebenso leidet die Rechtssicherheit erteilter Genehmigungen, wenn bemängelte Informationsdefizite nicht behoben werden oder die Behörde in der weiteren Genehmigungsprüfung Aspekte der Einwendung nicht mit dem richtigen Verständnis prüft. Es ist folglich eine höhere Quote beklagter Bescheide zu erwarten, was dem Ziel der zeitnahen Umsetzung der Vorhaben zuwiderläuft.

Wir fordern: Die Behörde hat zu berücksichtigen, ob eine Verschiebung des Erörterung-stermins und/oder Abhaltung unter einem der Infektionslage angemessenem Hygienekonzept möglich ist. Die Situation soll nicht zu einem ersatzlosen Entfall führen und ist erst in einem zweiten Schritt bei der Art der Durchführung der Erörterung im Ermessen zu berücksichtigen.

Die Bekanntmachung kann in der ortsüblichen Zeitung entfallen, womit Betroffene nur noch durch aktive Suche auf etlichen Behörden-Websites von relevanten Vorhaben erfahren. Der online-Zugang zu den Unterlagen ist nur optional vorgesehen, wenn die Behörde das möchte. Es ist zwar begrüßenswert, interessierte Bürger auch auf der Behörden-Website über aktuelle Vorhaben zu informieren. Dieses kann jedoch keinen gleichwertigen Ersatz zu einer ortsüblichen Bekanntmachung darstellen und diese damit keineswegs entfallen. Denn mit der Bekanntmachung in ortsüblichen Medien wird eine Anstoßwirkung erzielt, die auch bislang nicht aktiv interessierte/vorinformierte Personen erreicht.

Wir fordern: Die zusätzliche ortsübliche Bekanntmachung darf nicht entfallen.

Bereits heute stünde es den Behörden frei, die für die öffentliche Auslegung ohnehin von Geschäftsgeheimnissen bereinigten Unterlagen elektronisch zu übermitteln (notfalls unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz). Die Erfahrung der letzten Wochen, wo genau selbiges mit Verweis auf die verbindlich angeordneten Kontaktminimierung erbeten wurde, zeigte laut einem Mitglied im Ausschuss Ereignisauswertung der Kommission für Anlagensicherheit jedoch, dass selbst auf Anfrage dieses nicht erfolgt.

Die Veröffentlichung der Antragsunterlagen auch im Internet ist für beschleunigte Verfahren verbindlich vorzugeben. Die Einschränkung auf solche Auslegungen, die gesetzlich angeordnet sind, ist auf solche, die gesetzlich ermöglicht sind, auszuweiten.

Geltungszeitraum: Die vorgesehene Nachwirkung der eingeschränkten Öffentlichkeitsbeteiligung bis 2025 geht weit über die pandemische Notwendigkeit hinaus; Aktuelle Erörterungstermine sind bereits weitgehend abgesagt/verschoben. Soweit die Pandemielage tatsächlich noch fortdauern sollte, ist ohnehin eine Gesetzesverlängerung erforderlich.

Wir fordern: Die Anwendung der abgewandelten Öffentlichkeitsbeteiligung ist zeitlich auf das aus Gründen des Infektionsschutzes erforderliche Maß zu beschränken. Die pauschale Geltung bis 2021 verkennt die Unverhältnismäßigkeit der Einschränkungen der Öffentlichkeitsbeteiligung. Sobald Kontaktbeschränkungen nicht mehr erforderlich sind oder durch Hygienekonzepte hinreichend einer Infektionsgefahr begegnet werden kann, ist zu den herkömmlichen Verfahrensweisen zurückzukehren.

Onlinekonsultationen und Videokonferenzen sind kein Ersatz! 

Wir fordern: Die Regularien für eine Videokonferenz sind an einem vollwertigen Erörterungstermin als dessen virtueller Ersatz zu orientieren. Der Umfang bereitzustellender Informationen ist zu konkretisieren, insbesondere sind Stellungnahmen des Vorhabenträgers oder anderer Fachbehörden zu den Einwendungen allen Verfahrensbeteiligten auf elektronischem Weg zugänglich zu machen.

Je nach Fachgesetz haben die Erörterungstermine teils öffentlichen Charakter. In dem vorliegenden Entwurf bleibt jedoch unklar, wer mit den Teilnahmeberechtigten gemeint ist. Es drängt sich auf, dass damit nur Redeberechtigte Einwender gemeint sind, nicht aber die Öffentlichkeit in das Verfahren der Onlinekonsultation einbezogen wird.

Soweit das jeweilige Fachgesetz einen zwingend oder fakultativ öffentlichen Charakter eines etwaigen Erörterungstermins vorsieht, sind die Unterlagen der Onlinekonsultation oder Videokonferenz unter gleichen Voraussetzungen der Öffentlichkeit online zugänglich zu machen.

Zu kurze Fristen bei der Erstellung des Gesetzentwurfes: Der Entwurf für die Verbändebeteiligung wurde am Freitagnachmittag an die Geschäftsstellen gemailt wurde mit Antwortfrist bis Montagmittag versehen.

Wir fordern die Einhaltung üblicher Fristen, auch im Gesetzgebungsverfahren, damit keine Scheinbeteiligung bestehen bleibt.

Fazit: Es ist offensichtlich, dass die Bundesregierung die aufgrund der Corona-Pandemie geltenden Beschränkungen nutzen möchte, um die Partizipation zivilgesellschaftlicher Akteure beim Planungssicherstellungsgesetz zu verhindern und dafür einen Gesetzentwurf im Schnelldurchlauf verabschieden will. Die ursprüngliche Planung sah vor: Einbringung ohne Debatte 07.05.2020 im Plenum, Verabschiedung am 14.05.2020, Verabschiedung im Bundesrat am 15.05.2020 ohne Ausschussbehandlung. Dieses Vorgehen liefert Verschwörungstheoretikern, die der Meinung sind, die Bundesregierung würde die CoronaKrise zum Demokratieabbau verwenden, leider Argumente