Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen

Rede zur Regierungserklärung der neuen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD)

Die Rede gibt es hier auch zum Anschauen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe letztes Jahr eine Seminarfacharbeit von Elftklässlern betreut. Sie haben in einer kurzen, aber guten Zusammenfassung nachgewiesen, wie der geringfügige CO2-Anstieg zu einer Temperaturerhöhung auf der Erdoberfläche führt. Dazu ist man mit unserer Schulausbildung in der Lage, wenn man die selektive Wahrnehmung aufgibt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie des Abg. Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Für eine intakte Umwelt ist viel zu tun. Die Atomkraftwerke sind gefährlich, und damit von ihnen zukünftig weniger Gefahr ausgeht, sind auch die Atomfabriken in Gronau und Lingen sofort stillzulegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Menschen an unseren Westgrenzen haben nicht umsonst Sorge, dass es zu einer großen Havarie in Tihange oder Cattenom kommt. Deswegen ist der Druck aus Deutschland, die Werke zu schließen, umso glaubwürdiger, wenn wir Lingen und Gronau dichtmachen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein umfassendes Verbot, Erdöl oder Erdgas durch Fracking zu fördern, ist erforderlich: zum Schutz unseres Trinkwassers vor Chemikalien und auch davor, dass der Klimawandel weiter verstärkt wird, weil nämlich beim Fracking nachgewiesenermaßen über Jahre hinaus Methan entweicht.

Ja, wir brauchen ein Gesetz zum Kohleausstieg bis 2035, und wir brauchen einen Strukturfonds, durch den jährlich 400 Millionen Euro bereitgestellt werden, damit in der Lausitz bzw. in Mitteldeutschland genau wie im rheinischen Revier neue Industrien angesiedelt werden können und Arbeitsplätze geschaffen werden, die die Energiewende ermöglichen: in Speichertechnologien, Wärmepumpen und Windkraftanlagen. Das ist ein richtiger Weg, und den unterstützen wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Viele Menschen leiden unter Lärm.

(Karsten Hilse (AfD): Genau! Unter Infraschall von Windkraftanlagen!)

Da stellt sich ernsthaft die Frage, wieso es bis heute nicht gelungen ist, die verschiedenen Lärmpläne zusammenzufassen. Fluglärm wird extra betrachtet. Straßenlärm wird extra betrachtet. Schienenlärm wird extra betrachtet. Die Belastungen wirkt aber zusammen. Also wäre es doch das Einfachste, die Gesamtbelastung zu analysieren und dann den entsprechenden Lärmschutz durchzuführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu einem ganz anderen Problem, das uns alle betrifft. Wie schnell gehen technische Geräte kaputt bzw. werden Updates gemacht bzw. werden neue Generationen auf den Markt gebracht? Eigentlich noch brauchbares elektronisches Spielzeug, Unterhaltungselektronik oder Anlagen funktionieren plötzlich nicht mehr. Wir brauchen Mindestnutzungszeiten. Wir brauchen eine Verpflichtung der Industrie, Upgradebarkeit und Nachrüstbarkeit sicherzustellen zum Schutz der Ressourcen, zum Schutz unserer Geldbeutel und auch zum Schutz der Entwicklungsländer vor dem Müll, der übrig bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit all die Geräte dort ankommen, wohin sie sollen, ist eine Pfandpflicht für technische Geräte ein guter Schritt. Das können wir schnell umsetzen. Dann erhöhen wir die Recyclingquoten und können die Wiederverwertung in Gang setzen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist: Die kommunale Daseinsvorsorge bei Müll und Abwasser muss kommunal bleiben. 

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulli Nissen (SPD))

Daseinsvorsorge hat profitfrei organisiert zu werden. Jede Privatisierung in diesem Bereich lehnen wir ab.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen (SPD))

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es immer mehr Störungen im Radio gibt?

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Das Radio ist kaputt?)

Die Funkfrequenzen sind überlastet, weil es dermaßen viele Geräte gibt, die nicht mehr den technischen Normen entsprechen. Bei Polizei und Rettungskräften ist das verheerend. Die Störungen nehmen zu. Amateurfunker sind die Einzigen, die laut rufen, dass das ein Problem ist. Wir müssen an dieser Stelle über die Bundesnetzagentur ernsthaft eingreifen. Das Minimierungsgebot für Strahlenbelastungen ist nicht nur unter Sicherheitsaspekten notwendig, sondern auch als Schutz der Gesundheit vor elektromagnetischen Strahlen.

Das Steuerprivileg für Dienstwagen kann sofort abgeschafft werden. Das bringt uns über 3 Milliarden Euro für mehr Lärmschutz an Straßen, Schienen, Flugplätzen und für einen besseren öffentlichen Personennahverkehr.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Kollegin hat das schon gesagt: Die Dauer von Tiertransporten ist auf vier Stunden zu begrenzen, damit wir regionale Wirtschaftskreisläufe verbessern und das Tierwohl erhöhen. Das ist schnell zu erledigen.

Nun zum Naturschutz. Wir fordern 50 Millionen Euro extra für den Schutz des nationalen Naturerbes, damit auch noch unsere Kinder die Buchenwälder auf Rügen, im Hainich oder im Rothaargebirge bewundern können. 

Des Weiteren ist ein Altlastenfonds unerlässlich. Industrielle Altlasten überall in der Republik, in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder in Baden-Württemberg, sind tickende Zeitbomben. Diese müssen mithilfe eines Altlastenfonds saniert werden. Die Kommunen, die Eigentümer, sind überfordert. Einen solchen Fonds fordern wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist mir unerklärlich, wieso ein Grundstückseigentümer bzw. eine Kommune für die Entsorgung alter Kriegswaffen, von Bomben und Granaten aus beiden Weltkriegen, zahlen muss, wenn sie nicht aus deutschen Beständen stammen. Es war ein gesamtdeutsches Verbrechen, diese Kriege zu beginnen. Also ist es auch eine gesamtdeutsche Aufgabe, die Hinterlassenschaften der beiden Weltkriege zu beseitigen. Das darf nicht auf die jeweilige Kommune oder den jeweiligen Eigentümer abgewälzt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulli Nissen (SPD))

Wir müssen wesentlich schneller an die Aufgabe herangehen, kritische Chemikalien aus unserer Umwelt zu verbannen, sei es in Konsumgütern oder in Klimaanlagen von Pkws. Dass das im Brandfall tödlich wirkende Kältemittel 1234yf seit 2017 in fast allen Pkws eingesetzt wird, ist ein Skandal, der dringend beendet werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist mir unverständlich, dass ein Konzern wie Kali und Salz, der in den vergangenen zehn Jahren 4,3 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat, keine 800 Millionen Euro bereitstellt, um abfallfrei, abwasserfrei und haldenfrei Kalisalz zu produzieren. In Kanada kann dasselbe Unternehmen dies durchführen. Liebe Kumpel von Kali und Salz, verwundert es Sie nicht, dass Ihre Bosse in Kanada etwas können, hier aber nicht, dass sie in Kanada Milliarden investieren, hier aber nicht, dass jedes einzelne Werk eine selbstständige GmbH ohne Konzernhaftung ist und dass der profitable Deponiebetrieb ausgegründet wurde? Es ist zu befürchten - deswegen sollten Sie sich gegen Ihre Konzernspitze wehren -, dass spätestens dann, wenn die Werke im Ausland richtig laufen, Ihre Werke dichtgemacht werden, und zwar unter Hinweis auf den Umweltschutz. Das ist scheinheilig. 

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie uns jetzt gemeinsam in den Umweltschutz investieren, in die Technologie, die aus Thüringen stammt, für eine salzfreie Werra und Weser. Das ist Umweltschutz, den man sofort machen kann.

Ich habe sehr viele gute Worte gehört. Ich hoffe, dass die Ministerin Taten folgen lassen wird. Dann kann es eine gute Legislaturperiode für die Umwelt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)