Im Zeichen des guten Geschmacks: Bratwurstpolitischer Sprecher gewählt

Thomas Pätzold
Ralph LenkertBundestag

Gehört in eine Thüringer Bratwurst ganzer Kümmel? Für solch lebensnahe Fragen gibt es in der LINKEN Bundestagsfraktion den Bratwurstpolitischen Sprecher. Kein Scherz. Die Bratwurstpolitische Sprecherfunktion wird jährlich neu ausgelobt.

In einer undemokratischen Selbstbefassung hat vor fünf Jahren die Thüringer Landesgruppe festgelegt, dass diese Funktion ausschließlich bei Thüringer Abgeordneten zu suchen sei und qualifiziert sein muss. Der Versuch, in dieser brisanten Frage Basisdemokratie herzustellen, endete in dem frechen Kommentar, Niedersachsen solle endlich die Fischbrötchenpolitische Sprecherfunktion einführen. Auf dem Dach der Thüringer Landesvertretung in Berlin kommt es nunmehr alljährlich zum Showdown. Die Protagonisten treten mit Wurstwaren aus ihren Thüringer Wahlkreisen gegeneinander an. Die Gäste stimmen ab, die beste Wurst gewinnt. Mitnichten ist das eine reine Geschmacksfrage. Es zählen Brattechnik ebenso wie Konsistenz und die Frage, ob diese Kümmelkörner nun sein müssen oder nicht, warum Nordthüringer Bratwürste fester sind, Eichsfelder Bratwürste so anders und trotzdem lecker, und welche wohl die Inhaltsstoffe der Wurst des drogenpolitischen Sprechers sind.

Zweck des Ganzen ist nicht, die hoffnungslose Glaubensdebatte regionaler Vorzüge zu befrieden, sondern den Mitarbeiter_innen und Abgeordneten der Fraktion vor der Sommerpause und nach parlamentarischen Sitzungseskapaden einen Termin ohne wichtigen Anlass zu liefern. Schließlich muss nicht alles auspolitisiert werden; schon gar nicht, welche Wurst die leckerste, fruchtigste, strategisch günstigste oder ideologisch unbedenklichste ist. Dieses Jahr war das übrigens diejenige aus dem Wahlkreis von Ralph Lenkert, gefolgt von Sigrid Hupach, Kersten Steinke, Martina Renner und Frank Tempel, der bislang das Vergnügen hatte. Nun Herr Lenkert: wie ist das jetzt mit dem Kümmel?

Ein Kommentar von Thomas Pätzold.