Gesetzliche Vorgaben statt CO2-Zertifikate

Der von der Koalition geplante Einstieg des Preises für CO2-Zertifikate wird den CO2-Ausstoß kaum verringern. Allerdings würde er Heizkosten und ÖPNV-Ticketpreise des ÖPNV in die Höhe treiben. Das ist ineffektiv, unsozial, für kleine Unternehmen existenzbedrohend. Die LINKE fordert statt des CO2-Handels: besseres ÖPNV als Alternative zum Auto, schneller Kohleausstieg und regionale Wirtschaftskreisläufe.

Die Rede kann hier angeschaut werden:
https://www.youtube.com/watch?v=X2jUemE7IzU

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Sie behaupten, der Handel mit Emissionsrechten bzw. CO2-Zertifikaten, also mit dem Recht auf Umweltverschmutzung, sei ein guter Weg für Klimaschutz. Die Linke sagt: Dieser Weg ist unsozial und zu langsam.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst mit einem Mindestpreis entfalten CO2-Zertifikate eine Lenkungswirkung. Erst bei einem Preis von 25 Euro im Energiesektor wurde Kohlestrom langsam verdrängt; vorher passierte nichts. Im Verkehrs- und Wohnsektor rechnen sich Investitionen erst ab CO2-Preisen von über 100 Euro. Jetzt steigt die Koalition mit einem Preis von 25 Euro in den nationalen Emissionshandel ein. Dieser soll bis 2025 auf 55 Euro steigen. Das wird den CO2-Ausstoß Deutschlands im Verkehrs- und Wärmesektor kaum senken,

(Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Senken wir jetzt schon!)

aber die Nebenwirkungen sind beträchtlich.

Bei CO2-Preisen von über 25 Euro steigt die Warmmiete für eine Familie um 120 Euro im Jahr. Da ist die Strompreisreduzierung um 15 Euro blanker Hohn. Den Vermietern ist das egal; die reichen die Kosten einfach durch. So treiben die unionsgeführte Koalition und Grüne die Mieten in die Höhe, und das lehnt Die Linke ab.

(Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dr. Rainer Kraft (AfD): Ihr macht das Wohnen nur teurer!)

Höhere Pendlerpauschalen reichen nicht, um in ländlich geprägten Räumen die Mehrkosten aufzufangen. Die Preise für ÖPNV-Tickets steigen durch die Treibstoffpreissteigerung.

Der Hausmüll wird pro Jahr um 50 Euro teurer - und das schon bei 25 Euro CO2-Zertifikatspreis.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hagen Reinhold aus der FDP-Fraktion?

Ralph Lenkert (DIE LINKE):

Ja.

Hagen Reinhold (FDP):

Herr Präsident! - Herr Lenkert, danke, dass Sie die Frage zulassen. Sie müssen mir ein bisschen Nachhilfe geben; denn ich komme bei Ihrer Rede nicht ganz mit. Am Anfang haben Sie uns gerade erklärt, ab wann ein Preis eine Lenkungswirkung entfaltet,

(Marianne Schieder (SPD): Ja, genau!)

und im nächsten Absatz erklären Sie uns, dass alle die, die Verbraucher sind und eigentlich eine Lenkung bräuchten, vom Preis befreit werden sollen. Wie stellen Sie sich dieses Modell jetzt eigentlich endgültig vor? Soll es jetzt durch den Preis eine lenkende Wirkung auf den haben, der die Emission verursacht, oder wollen Sie alle davon befreien? Was Sie hier erzählen, widerspricht sich eklatant.

Ralph Lenkert (DIE LINKE):

Vielen Dank für die Frage. Wenn Sie gewartet hätten, hätten Sie es verstanden. Aber so habe ich mehr Zeit, es Ihnen zu erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt wird es spannend!)

Investitionen, zum Beispiel in eine neue Heizungsanlage, rechnen sich betriebswirtschaftlich bei CO2-Preisen von über 100 Euro. Vermieterinnen und Vermieter können die Kosten bedenkenlos durchreichen. Das heißt, sie haben überhaupt kein Interesse daran, solche Investitionen vorher - oder überhaupt - durchzuführen. Gleichzeitig hat der Mieter oder die Mieterin null Chance, irgendetwas zur CO2-Preisreduktion beizutragen, muss aber die Kosten zahlen.

(Zurufe von der FDP)

Das heißt, dieser Weg kann nicht funktionieren.

Alternativ kann man das machen, was die FDP ablehnt, nämlich Ordnungsrecht einführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Man kann strenge Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Heizungsanlagen machen, und man kann über Fördermittel dafür sorgen, dass dies Mieterinnen und Mieter nicht belastet.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Gibt es doch schon!)

Das ist unser Weg. Genauso kann man Transportkosten verteuern, um Transporte zu reduzieren. Diese Reduzierung kann man dann beispielsweise über eine niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel zurückzahlen.

(Dr. Lukas Köhler (FDP): Essensmarken, oder was? - Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)

Es gibt Möglichkeiten, dass man Unternehmen belastet, dass man den CO2-Ausstoß über technische Maßnahmen reduziert, die man fördert, und man kann dafür sorgen, dass all dies ohne einen Zertifikatehandel möglich ist, wie Sie ihn betreiben.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der führt nämlich im Endeffekt dazu, dass die Menschen, die viel Geld haben, die es sich leisten können, CO2-Zertifikate zu kaufen, ihren CO2-Ausstoß nicht reduzieren. Für die große Yacht könnte der Millionär die CO2-Kosten übernehmen; aber der Pendler könnte es sich nicht mehr leisten, auf Arbeit zu fahren.

(Lachen bei der FDP)

Und das lehnt Die Linke ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fahre fort. Selbst Handwerksbetriebe in etlichen Branchen, kleine und mittlere Unternehmen müssen um ihre Existenz fürchten. Deswegen hat die Koalition jetzt schon die ersten Ausnahmen zugelassen.

Wer diesem Gesetz zustimmt, zerstört Akzeptanz und verlangsamt Klimaschutz.

(Dr. Lukas Köhler (FDP): Das stimmt wiederum!)

Gesetzliche Vorgaben sind besser als CO2-Emissionshandel. Wir fordern mehr ÖPNV mit höheren Takten, besserer Qualität und niedrigeren Ticketpreisen,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

ein Umstellen von Heizungen und Fernwärme auf Klimaneutralität - warmmietenneutral, über Fördermittel und mit strengen Vorgaben -, einen schnellen Kohleausstieg, eine Maut für alle Fahrzeuge über 3,5 Tonnen und ein Verbot von Kurzstreckenflügen. Und als Thüringer sage ich: Es muss kein Mineralwasser aus der Eifel in Thüringen geben und kein Thüringer Waldquell in Rheinland-Pfalz. Das sind unnütze Transporte; die kann man vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Regionale Wirtschaftskreisläufe stärken unsere ländlichen Räume, verschaffen den Menschen Arbeit in ihrer Heimat; sie müssen nicht mehr pendeln oder umziehen. Das schont Infrastruktur, bekämpft den Wohnungsmangel in Ballungsräumen und senkt den CO2-Ausstoß. Im Übrigen: Das von den meisten Porschefahrern abgelehnte Tempolimit

(Timon Gremmels (SPD): Klaus Ernst, oder was?)

ist viel sozialer als höhere Benzinkosten.

(Beifall bei der LINKEN)

Begraben Sie das Brennstoffemissionshandelsgesetz! Folgen Sie unseren Vorschlägen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Lukas Köhler (FDP): Wie viele Porschefahrer habt ihr denn bei den Linken?)