Bitte nicht zu leise!

BundestagRalph LenkertLärmschutz

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! 

Heute geht es um Lärmschutz, ganz emotional darum, mit Freude und Elan am Sonntag mit und ohne Bällen Sport zu treiben, so wie Sie und ich es machen, oder bei Sportveranstaltungen zu jubeln, was ich eher tue. 

Da die Koalition hinsichtlich der Sportstättenlärmverordnung nicht aus der Hüfte kommt, wie den Antworten auf die Fragen meiner Kollegin Kunert zu entnehmen war, danke ich den Grünen dafür, dass sie einen Antrag zur Anhebung der Geräuschgrenzwerte für Sportanlagen stellen, wie es die Linke schon in der letzten Legislaturperiode tat. 

Klar ist: Unsere Jugend bewegt sich zu wenig, und große Teile der Bevölkerung treiben zu wenig Sport. Und wann haben Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Berufstätige richtig Zeit für Freizeit- und Breitensport? - Am Wochenende. Aber dagegen steht die 18. Bundesimmissionsschutzverordnung, die mit ihren Lärmgrenzwerten Sportveranstaltungen und Spiele, selbst einfaches Sporttreiben wegen der für Sportanlagen unverständlich niedrigen Grenzwerte erschwert und gerade sonntags in enge Zeitfenster - von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 20 Uhr - gezwängt hat. Im Winterhalbjahr sind die möglichen Nutzungszeiten auf nicht extra beleuchteten Anlagen real noch viel kürzer. 

Wie schon 2010 schlagen wir vor, dass für den Jugend- und Freizeitsport die erlaubten Lärmgrenzwerte in sogenannten reinen Wohngebieten auf 55 Dezibel angehoben werden. Das ist übrigens der heutige Grenzwert in allgemeinen Wohngebieten. Weiterhin fordern wir, dass dieser Grenzwert tagsüber ohne Mittagsabsenkung gilt. 

Als Techniker kann ich Dezibelgrenzwerte einschätzen. Wissen Sie, was 55 Dezibel bedeuten? Ein ruhiger Bach murmelt mit 50 Dezibel im Wald. Ein Fernseher auf Zimmerlautstärke verursacht 60 Dezibel, so wie auch ein Gespräch am Kaffeetisch. Pkws dürfen mit 59 Dezibel durch reine Wohngebiete rauschen, und Militärjets dürfen mit 90 Dezibel darüber hinwegdonnern. Hunde dürfen bellen, das ist ja ihre Natur - übrigens lauter als 50 Dezibel. Frösche muss man bis 55 Dezibel ertragen. Selbst wenn sie mit 70 Dezibel quaken, dürfen sie meist bleiben; denn das entspricht ihrer Natur. Welchen sinnvollen Grund gibt es angesichts dessen für Grenzen von 50 oder gar 45 Dezibel für Sportanlagen und Freizeitsport? Sorgen wir für mehr Akzeptanz für Menschen, egal ob es um Ballspiele, neue Trendsportarten oder Wettkämpfe geht. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgen Sie den Anregungen der Grünen und den Vorschlägen der Linken. Wir sind für wohnortnahe Sportanlagen. Dann werden Jugendliche öfter zum Sportplatz gehen. Gemeinsamer Sport hilft unserer Gesundheit und unserem sozialen Zusammenhalt. Es wäre doch schön, wenn wir mehr solche Geräusche zulassen würden, oder? 

Gesetze sollten sich am Leben orientieren. Im November 2011 änderte der Bundestag einstimmig das Bundes-Immissionsschutzgesetz, damit sich Kinder herumtollend entwickeln können, damit nie wieder ein Gericht fröhliches Kinderlachen als Lärmstörung unterbindet. Setzen wir uns zusammen, diskutieren wir im Ausschuss, treiben wir das Ministerium, und wenn Sie von der Koalition es wollen, dann finden wir wie 2011 eine gemeinsame Lösung, damit Schilder wie „Sportplatz sonntags von 13 bis 15 Uhr geschlossen“ auf dem Müll landen. 

Eine Änderung der 18. Bundesimmissionsschutzverordnung hilft Jugendlichen, Sportlern, Vereinen und Kommunen, auf rechtssicherer Basis ihre Arbeit und unsere Freizeit zu organisieren. Dann fliegen mehr Bälle aus Spaß als Flaschen aus Frust. Um Ihnen die Angst zu nehmen: Auch bei erlaubten 55 Dezibel dürfen Sportlerinnen und Sportler noch immer nicht so viel Lärm verursachen wie Ihre vielgeliebten Pkws. 

Vielen Dank.