Befragung der Bundesministerin Steffi Lemke
Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Einsatz für den internationalen Meeresschutz. Trotz allem bleibt festzustellen, dass wir bei der Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der Bundesrepublik Deutschland weit hinter den Vorgaben bleiben. Die große Frage ist: Wann werden wir in der Ostsee und in der Nordsee ausreichend Meeresschutzgebiete zum Schutz der Artenvielfalt ausweisen?
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Vielen Dank auch für diese Frage, Herr Abgeordneter. – Sie wissen ja, dass wir Meeresschutzgebiete ausgewiesen haben, jetzt bei der Umsetzung der Managementpläne sind, ich mich persönlich dafür einsetze, dass es Zonen gibt, in denen die Fischerei reduziert oder gar nicht stattfindet. Wir brauchen solche Ruhezonen, NoTake-Zones, wie man sie nennt, als Aufzuchtstationen für Jungfische, also als Lebensräume, in denen neue Fischpopulationen, neue Fischbestände aufgebaut werden können. Auf diesem Wege gehen wir energisch voran, das heißt, es gibt bereits nationale Meeresschutzgebiete. Für die Ostsee und die dort existierenden Todeszonen, also dort, wo kein Sauerstoff mehr vorhanden ist [...] ist das größte Problem weiterhin eine zu hohe Nitrateinleitung. An einer Reduzierung arbeiten wir gemeinsam mit den europäischen Partnern.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Sie können gleich stehen bleiben, Herr Kollege Lenkert. Sie sind der nächste Fragesteller.
Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Ministerin, der Bund für Umwelt und Naturschutz hat festgestellt, dass die Insektenpopulationen weiterhin stark unter Druck sind; nicht nur die Anzahl der Insekten, sondern auch die Artenzusammensetzung ist eine Katastrophe. Was werden Sie zukünftig unternehmen, um diese Situation zu verbessern? Welche Maßnahmen planen Sie? Wie sehen Sie das Verhalten der Europäischen Union im Hinblick auf den Einsatz von Glyphosat im Zusammenhang mit dem weiteren Insektenrückgang oder der Nichterholung der Populationen? Insekten bilden die Lebensgrundlage für uns Menschen, nicht nur in der Bundesrepublik, auch europa- und weltweit.
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Drei Punkte: Das Erste ist die nationale Biodiversitätsstrategie, die wir gegenwärtig in der Befassung haben. Sie wird ein relevanter Beitrag für besseren Insektenschutz sein. Das Zweite ist das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“, das ich hier jetzt aufgrund der Zeit nicht ausführlich darstellen kann, das aber neben den Klimaschutzeffekten auch einen relevanten Effekt auf gesündere, auf intaktere Natursysteme haben wird. Und das Dritte ist die Frage nach einer nachhaltigeren Landwirtschaft, die im Rahmen der nächsten GAP-Förderperiode auf EU-Ebene intensiv zu diskutieren ist. Was das Glyphosatverbot betrifft, findet am kommenden Freitag die nächste Verhandlungsrunde auf europäischer Ebene statt. Ich hoffe, dass wir hier entscheidende Schritte für den Schutz von Biodiversität gehen werden. Zum Beispiel stellt der Fortschritt bei der Sikkation, der im Kommissionsvorschlag bereits enthalten ist, einen positiven Punkt dar; aber wir brauchen noch weitere.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Sie haben eine Nachfrage, Herr Kollege Lenkert? – Bitte.
Ralph Lenkert (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, besonders dramatisch ist der Populationsrückgang bei wassergebundenen Insekten, die Teile ihres Lebens im Süßwasser verbringen. Die Privilegierung der Kleinwasserkraft ist für die Erholung der Insektenbestände kontraproduktiv gewesen. Welche Maßnahmen planen Sie, um die Insektenbestände, die wassergebunden, süßwassergebunden sind, deutlich zu verbessern? Und wie wollen Sie insbesondere die geologische Grundstruktur der Flüsse mit Kiesbetten etc., die eben nur frei fließende Flüsse gewährleisten können, garantieren und sicherstellen?
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Vielen Dank auch für diese Frage. – Ich stimme Ihnen zu, dass das besonders sensible, besondere wichtige Lebensbereiche sind. Auch hier werden das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ und entsprechende Regenerationsmaßnahmen helfen. Sie brauchen nicht die Augen zu verdrehen, ich komme auch noch zur Kleinen Wasserkraft, Herr Kollege Abgeordneter. Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Aber nicht jetzt. Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz: Sie wissen, dass ich mich energisch dafür eingesetzt habe, die Förderung der Kleinen Wasserkraft zu beenden, weil sie für unsere Energieversorgung irrelevant ist, was die Menge betrifft, aber relevante Naturschäden verursacht. Dafür haben keine ausreichenden politischen Mehrheiten existiert. Insbesondere Bayern, wo es sehr viele, wertvolle Fließgewässer gibt, hat sich damals dagegen engagiert. Ich hoffe, dass diejenigen, die die Bedeutung der Fließgewässer bereits erkannt haben, gemeinsam an diesem Thema weiterarbeiten.