Offener Brief zur KITA-Reform Umsetzung in Thüringen

Ralph LenkertThemenFamilienpolitikVolksbegehren

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
sehr geehrter Herr Minister,

auch in der kommenden Sitzung des Bildungsausschusses im Thüringer Landtag werden die Ausführungsverordnungen zum neuen Kita-Gesetz nicht behandelt werden. Das be¬unruhigt uns sehr, denn die Umsetzung dieses Gesetzes wird in weiten Teilen des Landes aus kurzsichtigen Motiven boykottiert und kann daher seine Wirkung nur teilweise ent¬falten. Wir befürchten, dass dies in den Haushaltsverhandlungen des nächsten Jahres von den Gegnern dieser Novelle benutzt werden wird, die Reform wieder zu kassieren. Wir ersuchen Sie daher dringend, solchen Tendenzen entschlossen entgegen zu wirken. Insbesondere bitten wir Sie,

  • durch eine zügige Verabschiedung der Rechtsverordnungen zum neuen KitaG mehr Rechtssicherheit zu schaffen
  • durch Fachempfehlungen des zuständigen Ministeriums Unsicherheiten entgegen zu wirken
  • durch stringente Kontrollen und konsequentes Einschalten der Kommunalaufsicht dafür zu sorgen, dass eklatante Gesetzesverstöße künftig geahndet werden.


Die Lage in Thüringen ist heterogen. Es gibt Träger, Jugendämter und Gemeinden, die sich um eine konsequente Umsetzung des neuen Kita-Gesetzes bemühen.

An vielen Stellen jedoch herrscht Unsicherheit. Eine davon ist, dass viele Kita-Leiterinnen und -Leiter mit der neuen Form der Personaleinsatzplanung Anlaufschwierigkeiten haben und dabei wenig Hilfestellung erhalten. Eine andere ist, dass unzählige Kommunen, die um ihre Etats fürchten, die Elterngebühren signifikant erhöhen (bis zu 400 % wurden uns gemeldet) und dies ausschließlich mit der Kita-Reform begründen. Wörtliches Zitat eines Bürgermeisters aus dem Unstrut-Hainich-Kreis: „Solange nirgends steht, wie ich mein Geld wieder bekomme, muss ich Gebühren erhöhen“. Rechtssicherheit und Aufklärung sind also dringend notwendig.

Entsetzt sind wir, dass der Gemeinde- und Städtebund Thüringen mit rein fiskalisch unter¬setzten Empfehlungen in die Diskussion eingreift. So führen z.B. Vorschläge zur Differen¬zierung der möglichen Betreuungsumfänge im Rahmen der Entgeltfestlegung für die Eltern zur Kürzung des Personals und riesigem Verwaltungsaufwand in den Kitas. Der schon fast zynische Ratschlag „durch Zugrundelegung geringerer Personalschlüssel anhand der Anmeldungen“ konterkariert jede ursprüngliche Intention des neuen Kita-Gesetzes. Bitte setzen Sie als überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe fachliche Empfehlungen entgegen.  

Leider haben sich bereits mehrere Landespolitiker wie der JU-Vorsitzende Gruhner und die FDP-Landtagsfraktion für eine totale (Gruhner) bzw. teilweise (FDP-Landtagsfraktion) Rücknahme der Novelle ausgesprochen. Wir befürchten, dass diese Forderungen in den nächsten Haushaltsverhandlungen lauter werden, obwohl sie den Bildungsstand der kom¬menden Generationen und damit die Zukunftsfähigkeit unseres Landes bedrohen. Solche Forderungen werden auf fruchtbaren Boden fallen, wenn die Gesetzesnovelle in den nächsten Monaten nicht greifen und ihre positiven Auswirkungen nicht entfalten kann. Dies gilt es jetzt zu verhindern.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, sehr geehrter Herr Minister, wir bitten Sie, dafür zu sorgen, dass das nahezu einstimmige Votum des Thüringer Landtages vom April dieses Jahres für ein zukunftsfähiges Thüringen nicht zum Rohrkrepierer wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ralph Lenkert
Hans-Arno Simon
Peter Häusler