Die Verbrennung von Abfällen in Industrieanlagen schadet der Gesundheit

Rede im Bundestag zu Protokoll am 10.05.2012 zu TOP 22:

Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Schadstoffbelastung durch Abfallmitverbrennung senken – Gleiche Bedingungen für

Müllverbrennung und Abfallmitverbrennung


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Mitverbrennung von Abfall, das klingt effektiv, da wird man den Abfall los, ohne Probleme – zumindest suggeriert dies die Wortwahl.
Worum geht es, in Hochöfen, Gießereien und in Zementfabriken wird gut brennender Abfall verbrannt. Da stellt sich die Frage warum eigentlich? Ganz einfach, für das Verbrennen von Abfall erhält man Geld und mit dem Verbrennen des Abfalls spart der Hochofen oder die Gießerei Brennstoff z.B. Erdgas, Kohlekoks oder Erdöl ein – toll! Wozu wurden dann eigentlich Müllverbrennungsanlagen gebaut?
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Mitverbrennung von Abfall und der Müllverbrennung? Erstens, bei der Müllverbrennung muss jedes Abfallgemisch verbrannt werden sollte das Gemisch nicht brennen, dann wird mit Öl oder Kohle nachgeheizt, bei der Mitverbrennung ist es anders, da wird nur Abfall verbrannt, der gut brennt, denn man will ja Kohle oder Öl einsparen. Nicht brennender Abfall bleibt bei der Mitverbrennung übrig.
Zweitens, bei der Müllverbrennung sind strenge Grenzwerte für Schadstoffe und Staub in der Abluft vorgesehen, die Abluft muss zwingend über Filtersysteme laufen und wenn die Verbrennungstemperatur nicht über 850°C liegt, darf kein Abfall verbrannt werden.
Bei der Abfallmitverbrennung existieren weniger strenge Grenzwerte und Ausnahmeregelungen z.B. gibt es keine Vorschrift für die Verbrennungstemperatur, das ist kritisch, weil bei Temperaturen unter 800°C Dioxine entstehen können. 
Während Müllverbrennungsanlagen mit aufwändigen Filteranlagen und Aktivkohlefilter teilweise bis zur hundertfachen Unterschreitung von Grenzwerten im Abgas sorgen, werden bei der Abfallmitverbrennung die geforderten Grenzwerte gerade so unterschritten oder mit Ausnahmeregelungen sogar verletzt.
Filter kosten Geld, das ständige Einhalten von Verbrennungstemperaturen kostet Geld, das Zusetzen von Öl für schlecht brennenden Müll kostet Geld. Deshalb ist es kein Wunder, wenn Entsorgungsunternehmen immer wenn es möglich ist, die Mitverbrennung statt der Müllverbrennung nutzen, denn da kostet die Entsorgung einer Tonne Abfall nur fünfzig statt über einhundert Euro.  Deshalb wird immer mehr Müll über Abfallmitverbrennung entsorgt.
Fatal ist nur, dass der billigeren Entsorgung wesentlich höhere Umweltbelastungen gegenüberstehen. Für die Bevölkerung sind die zusätzlichen Emissionen bei Mitverbrennungsanlagen zwar unsichtbar, aber gesundheitsgefährdend. 

Ob Umweltbelastungen wegen fehlender Filter aus der Abfallmitverbrennung oder aus dem normalen Betrieb eines schrottverarbeitenden Stahlwerkes, wie in Riesa, stammen, ist für die Betroffenen egal.
Aktuelle Untersuchungen des BUND in der sächsischen Stadt Riesa zeigen, dass die Dioxinwerte in der Stadt steigen, dass es hohe Staubbelastungen gibt und das von 10.000 Riesaern jährlich 11,4 an bösartigen Leberkrebs erkranken. Im Landesdurchschnitt sind es weniger als 3,5 Sachsen von 10.000, die diese schreckliche Diagnose erhalten. Auch bei Lungenkrebs ist in Riesa eine Fallverdopplung zum Landesdurchschnitt auf 48 von 10.000 Einwohnern vom BUND statistisch belegt.
Bei der Schrottverarbeitung im Stahlwerk entstehen ähnlich Abgase wie bei der Mitverbrennung von Abfällen in Industrieanlagen. Unzureichende Filter der dortigen Anlage und das Entstehen von Dioxin durch falsche Verbrennungstemperaturen können eine Ursache der Erkrankungen sein.  Deshalb müssen in Riesa Filter installiert und in der Bundesrepublik die Mitverbrennung gestoppt werden.
Die SPD fordert in Ihrem Antrag, dass Mitverbrennungsanlagen die gleichen Grenzwerte und Bedingungen wie reguläre Abfallverbrennungsanlagen einhalten sollen. Das ist in Anfang und deshalb wird DIE LINKE dem Antrag der SPD zustimmen.
Aber im Interesse der Menschen in Riesa und überall dort, wo in Industrieanlagen Abfall mitverbrannt wird oder aus anderen Gründen Schadstoffe entweichen, fordert DIE LINKE zusätzlich, dass nicht nur die strengen Grenzwerte für jede Branche gelten, sondern auch, dass die Mitverbrennung verboten bleibt, bis die Industrieanlagen die gleichen realen Schadstoffwerte wie die regulären Müllverbrennungsanlagen erreichen.
Der Schutz der Gesundheit muss über den Gewinninteressen von Firmen und Entsorgungsunternehmen stehen.