Asse-Müll muss schnellstens geborgen werden

Ralph Lenkert
Ralph LenkertRedenBundestagThemenASSEAtomkraftUmweltpolitik

Rede im Bundestag am 10.02.2012 zu TOP 21.a)-21.c)

21.a)    Beratung des Antrags der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Rückholung des Atommülls aus der Asse beschleunigen

b)    Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beteiligung der Energiekonzerne an den Kosten für das Atommülllager Asse

c)    Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Sigmar Gabriel, Ute Vogt, Heinz-Joachim Barchmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Rückholung der Atommüllfässer aus der Asse II beschleunigen


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Seit 1965 ist die Asse Versuchsbergwerk. Vor 45 Jahren wurde der erste Atommüll eingelagert, und seitdem leben die Menschen an der Asse mit der Angst vor dem strahlenden Müll. Bis 2009 wurden die Probleme und Gefahren der Asse vertuscht und geleugnet. Mit dem Betreiber-Wechsel 2009 wurde das Ausmaß des verantwortungslosen Vorgehens in der Asse offen sichtbar. Seitdem wird versucht, eine Umweltkatastrophe zu verhindern.

Trotz der Erfolge bei der Stabilisierung des Bergwerks   nur die Rückholung des Atommülls bannt die Gefahr. Aber es geht einfach nicht vorwärts in der Asse. Deshalb debattieren wir heute. Deshalb fand ein Zusammentreffen zur Asse-Situation letzten Monat in Braunschweig statt. Erstmals trafen Geologen, Strahlenforscher, Beamte aus verschiedenen Behörden und Ministerien sowie Mitglieder von Bürgerinitiativen zusammen   mit ernüchterndem Ergebnis: Wenn man so weitermacht wie seit 2009, sind Tests und Vorbereitungen zur Rückholung des Atommülls frühestens 2025 abgeschlossen, die komplette Rückholung gar erst im Jahr 2040. Gleichzeitig wurde klar herausgestellt, dass es im Bergwerk jederzeit einen Wassereinbruch geben kann. Dann ist eine Rückholung des Atommülls unmöglich, und dann kann man eine zukünftige Verstrahlung des Grundwassers der Braunschweiger Region nur noch verzögern, vielleicht abschwächen. Massiv wird deshalb derzeit an der Schadensbegrenzung für den Fall des Wassereinbruchs gearbeitet. Das ist richtig. Aber die Linke will, dass die Rückholung mit dem gleichen Aufwand vorangetrieben wird. Der Müll muss raus aus der Asse!
 
Konkret heißt das: Erstens. Bundestag und Landtag Niedersachsen beschließen: Der Atommüll muss raus aus der Asse   ohne Kompromisse.
 
Der Bundesumweltminister bekennt sich nach dem Landesminister zu diesem Ziel, und zwar hier am Rednerpult.
 
Zweitens. Wenn man weiß, wie es in zwei Kammern aussieht, weiß man immer noch nicht, wie es in den anderen elf aussieht. Aber nach zwei Jahren gibt es noch nicht einmal Erkenntnisse zur ersten Kammer. Deshalb muss man vom schlimmsten anzunehmenden Fall in den Kammern ausgehen. Man muss diesen Fall zur Grundlage der Entwicklung von Technik zur Bergung nehmen.
 
Drittens. Weder die derzeitige Luftzufuhr noch die Transportmöglichkeiten reichen für eine zügige Bergung des Atommülls aus. Es muss deshalb sofort mit dem Planen und anschließenden Bau eines neuen Schachtes, der diese Probleme löst, begonnen werden.

Viertens. Für den Atommüll wird ein Zwischenlager in Asse-Nähe benötigt. Um späteren Zeitverzug zu vermeiden, müssen die Suche und Vorbereitung bereits jetzt starten.

Fünftens. Behälter oder Verpackungssysteme, die das vermutlich undefinierte Gemisch aus verstrahltem Salz, kontaminierter Salzlauge, alten Behälterresten und dem eigentlichen Atommüll sicher aufnehmen, müssen sofort entwickelt bzw. beschafft werden.
 
Sechstens. Fülltechnik für das unterirdische Einfüllen der verstrahlten Masse in die Behälter muss passend zum Verpackungssystem und zu den Behältern entwickelt werden. Damit muss jetzt begonnen werden, parallel zu allen anderen Aufgaben.
 
Siebtens. Es darf keine Aushöhlung von Sicherheitsstandards geben. Aber bei der Beschaffung und der Auftragsvergabe müssen die Kriterien lauten: beste technische Lösung von einem zuverlässigen Partner in kürzester Zeit. Der Kaufpreis und die Ausschreibungsprozeduren sind zweitrangig.
 
Bei allen Punkten fordert die Linke, das Fachwissen der Bürgerinitiativen in die Entscheidungen einzubeziehen und maximale Transparenz herzustellen.
 
Das kostet Geld. Aber wenn man bedenkt, dass für die Sanierung des Uranbergbaus in Sachsen und Thüringen mehr als 7 Milliarden Euro notwendig waren, dann kann man auch abschätzen, dass eine Verseuchung des Grundwassers um Braunschweig ein Vielfaches an Geld verschlingen würde.
 
86 Prozent des Atommülls der Asse stammen direkt oder indirekt aus Atomkraftwerken. Deshalb fordert die Linke, dass die Atomkonzerne mindestens 86 Prozent aller entstehenden Kosten tragen müssen.

Kolleginnen und Kollegen, scheitert die Rückholung des Atommülls aus der Asse, dann haben wir nicht nur ein Problem um Braunschweig; dann wird die Suche nach sicheren Atommülllagern in der Bundesrepublik unendlich erschwert.
Der Worte sind genug gewechselt. Fangen wir an, das Asse-Problem zu lösen! Wir stehen als Bundestag in der Pflicht.